Eine Reportage über die Zeit zwischen Wahl am 15.03.2020 und konstituierender Sitzung am 04.05.2020 aus Sicht der CSU-Stadtratsfraktion.
Schon in normalen Zeiten ist die Start in eine neue Stadtratsperiode nicht einfach.
Aber zu Zeiten von Ausgangsbeschränkungen steht auch die ehrenamtliche Arbeit der CSU-Stadträte vor noch größeren Herausforderungen. Jeder ist aktuell in seinem Beruf und Familie mehr als gewöhnlich gefordert, und jetzt muss auch noch die Zeit gefunden werden, die Kommunalpolitik zu organisieren – ebenfalls unter besonderer Herausforderung.
Wie läuft unter diesen Umständen die Findung der Fraktion und Vorbereitung der konstituierenden Sitzung?
Auch die Fraktion digitalisiert sich in einem hohen Tempo. Zunächst testen wir verschiedene Videokonferenzsysteme. Nach der ersten Videokonferenz mit dem amerikanischen Google Meet haben wir uns für die Open Source-Lösung Jitsi Meet entscheiden, betrieben von unserem Fraktionsvorsitzenden unter https://meet.kk-software.de. Das Hosting läuft in Deutschland, dadurch greift auch der deutsche Datenschutz, im Gegensatz zu beispielsweise Google Meet.
Die ersten Online-Meetings stehen unter den typischen Problemen: Das Mikrofon funktioniert nicht, ein Teilnehmer gibt den Ton über Lautsprecher aus und verursacht bei allen anderen eine Rückkoppplung. Ein PC ist zu langsam, Bild und Ton ruckeln nur. Nach drei Videokonferenzen haben wir die Bedienung allerdings im Griff und stellen fest: Die Videokonferenzen sind praktisch, ermöglichen spontanere Fraktionssitzungen. Als Handwerker oder Landwirt muss man nicht zwingend vor der Sitzung unter die Dusche und die Kleidung wechseln.
In den Meetings selbst ist man weniger abgelenkt und arbeitet konzentrierter. In kürzerer Zeit schaffen wir mehr Tagesordnungspunkte. Wir beschließen, uns in Zukunft verstärkt virtuell zu treffen.
Worüber sprechen wir in den Videokonferenzen?
Inhaltlich diskutieren wir die ersten Schritte, die wir aus unserem Wahlprogramm umsetzen möchten: Innenentwicklung, Baugebiete und ein Umweltschutzkonzept stehen auf höchster Priorität – vermeintlich. Denn die Corona-Realität überholt uns: Werden wir überhaupt noch Einnahmen aus der Gewerbesteuer haben, wenn die Unternehmen, Händler und Gaststätten geschlossen sind, massive Umsatzeinbußen haben und Verluste statt Gewinne machen werden? Wie kann die Stadt hier helfen? Wie werden die Finanzergebnisse der städtischen Einrichtungen sein, wenn gerade keine VHS-Kurse abgehalten werden, keine Bücher in der Bibliothek geliehen werden und keine Gäste im Geomaris baden. Alleine diese drei Einrichtungen haben im Jahr über 1 Mio € Erlöse – und aktuell Null Euro.
Und auch die Einkommensteuer macht Sorgen: Wenn Angestellte in Kurzarbeit sind und weniger Einkommen haben, zahlen sie weniger Einkommensteuer und die Stadt bekommt weniger Einkommensteuerumlage. Als CSU-Fraktion sind uns solide Finanzen ein sehr wichtiger Wert, aber hier sind wir einig: die Stadt muss ein Stabilisierungsfaktor sein, Beauftragungen weiter laufen lassen und als Wirtschaftsimpuls eher mehr investieren statt zu sparen. Auch wir sind unsicher: Kann unsere Kommune Pleite gehen? Werden wir Unterstützung für unser Geomaris bekommen? Oder bekommen wir die Rechnung nach der Krise, in der Form, dass wir Einrichtungen schließen müssen, um uns den Neubau der Schulen und der Kläranlage leisten zu können? Es sind keine schönen Fragestellungen und Entscheidungen, die die Stadträte die nächsten Jahre treffen werden müssen.
Leider steht am Anfang einer neuen Legislaturperiode die Sachpolitik dennoch am Rande. Denn in der ersten Stadtratssitzung müssen Posten besetzt, Referate verteilt, zweiter und dritter Bürgermeister gewählt werden.
Menschlich wird diese Stadtratssitzung die schwierigste: Eigentlich arbeiten alle Fraktionen gut zusammen. Doch das Verteilen der Referate hat jeweils vor 6 Jahren, vor 12 Jahren, vor 18 Jahren zu Spannungen geführt. Die einen haben sich zusammengefunden, die anderen waren beleidigt, haben sich 6 Jahre später erinnert und es die anderen bei ihrer Retourkutsche spüren lassen. In der CSU-Fraktion diskutieren wir intensiv, wie wir diesen Teufelskreis durchbrechen können. Alle Referate abschaffen? Alle Referate analog zu den Ausschüssen nach dem Hare-Niemeyer-Auszählverfahren verteilen? Beides wäre gerecht und vermeidet die Spannungen, Verletzungen und den Vorwurf der Klüngelei gleich zur konstituierenden Sitzung.
Jetzt finden die Abstimmungsrunden mit den anderen Fraktionen statt: Jeder redet mit jedem. Die eine Fraktion findet die Abschaffung gut. Die andere finde die gerechte Verteilung gut. Die einen möchten den dritten Bürgermeister gleich mit abschaffen. Wir finden die Repräsentationsrolle der Stadt wichtig. Andere finden es auch wichtig. Vorschläge werden zwischen den Fraktionen ausgetauscht. Alle wollen die Befriedung, aber alle haben andere Ideen.
Auch fraktionsintern stehen Postenvergaben und Wahlen an, die wir in unseren Online-Meetings besprechen.
Wer geht in welchen Ausschuss? Wir haben mehr Stadträte mit Bau-Expertise als Sitze im Bauausschuss. Wir haben mehr Stadträte, die sich im Wald engagieren, als Sitze im Zweckverband Gemeinsamer Bürgerwald. Bei unserer Diskussion erkennen wir die Wichtigkeit der Schulverbände, die für in Summe ca. 25 Mio € das neue Schulgebäude bauen werden und damit mehr Geld ausgeben als ein gesamter Stadthaushalt.
Wir schieben und tauschen und am Ende steht dieses Ergebnis:
Haupt- und Finanzausschuss: Arnulf Koch, Christoph Rosentritt, Ingrid Feil
Bauausschuss: Burkhard Wächter, Christoph Rosentritt, Markus Reuß
Zweckverband Waldpflege: Christian Ach
Ferienausschuss: Arnulf Koch, Burkhard Wächter, Christian Ach
VG-Versammlung: Burkhard Wächter, Christian Ach, Markus Reuß
Rechnungsprüfungsausschuss: Arnulf Koch, Ingrid Feil
Schulverband Grundschule: Benedikt Friedrich
Schulverband Mittelschule: Benedikt Friedrich
Diese Diskussionen haben wir per Videokonferenz geführt.
Die Wahl des Fraktionsvorsitzenden möchten wir jedoch persönlich führen. So kommen wir also bei weit auseinander gestellten Tischen und mit Mundschutzmasken zusammen. Burkhard Wächter nominiert Arnulf Koch als Fraktionsvorsitzenden, führt Erfolge der letzten 6 Jahre auf und skizziert, wo es gilt, die nächsten 6 Jahre besser zu werden, um den Stimmverlust wett zu machen. Arnulf Koch nominiert Burkhard Wächter als Stellvertreter, führt die gute Zusammenarbeit auf und zeigt auf, wie wir mehr nach innen und außen wirken wollen, um das von Burkhard Wächter skizzierte Ziel zu erreichen.
Arnulf Koch wird einstimmig als Fraktionsvorsitzender gewählt, Burkhard Wächter wird einstimmig als stellvertretender Fraktionsvorsitzender gewählt.
Wie geht es weiter?
Der Bürgermeister hat in zwei Tagen – am Mi. 29.04.2020 – alle Fraktionsvorsitzenden zur Vorbesprechung eingeladen, am Montag, 04.05.2020 findet die konstituierende Stadtratssitzung statt. 21 Stadträtinnen und Stadträte mind mind. 2 Meter Sicherheitsabstand, dazu als öffentliche Sitzung mit genauso großen Sicherheitsmaßnahmen für die Zuhörerinnen und Zuhörer.
Spannende Zeiten.
Am 18.03.2019 wurde der Haushalt der Stadt Gerolzhofen für das Jahr 2019 beschlossen. Hier meine Rede für die CSU-Fraktion:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wozniak,
sehr geehrter Herr Kämmerer Borchardt,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Haushalt 2019 ist der beste Haushalt der Stadt seit Jahren. Eine freie Finanzspanne von 3,5 Mio €, keine geplanten neuen Schulden und real vermutlich ein weiterer Abbau von Schulden. Ein Haushaltsvolumen von 25 Mio € nach 21 Mio € im Vorjahr dürften überall Rekordwerte für Gerolzhofen darstellen.
Ohne diesen tollen Haushalt mit diesen hohen Einnahmen wäre es unmöglich die bevorstehenden Aufgaben wie den Neubau der beiden Schulen zu stemmen.
Wir müssen dankbar sein für die gute wirtschaftliche Lage in Bayern, die jetzt endlich auch auf die Stadt Gerolzhofen durchschlägt.
Wir können den Haushalt 2019 als gelungenen Abschluss der kommunalen Legislaturperiode 2014-2019 sehen und werden die Stadt dem nächsten Stadtrat ordentlich aufgestellt übergeben. Unsere Einrichtungen laufen, wir haben eine freie Finanzspanne und die Schulden sind niedriger als ursprünglich geplant.
Aber wir dürfen uns darauf nicht ausruhen.
Wir haben fast 2 Mio € mehr Schlüsselzuweisungen als im Vorjahr als Folge des fatalen Jahres 2017 und als einmaligen Effekt. Das wird in den nächsten Jahren wieder anders aussehen. Und wir haben große Aufgaben aus 2019 in die Folgejahre verschoben. Vor allem die Kosten für die Schulen werden erst in den nächsten Jahren fällig.
Und dann bleibt unsere Bürde: Mit einer Haushaltsverschuldung von 1367 € pro Bürger sind wir das verschuldetste Mittelzentrum in Unterfranken.
Stabilisierungshilfen
Umso verwunderter war ich, als ich gesehen habe, welche Kommunen in der Umgebung Stabilisierungshilfen bekommen.
Schonungen ist pro Kopf nur halb so hoch verschuldet wie Gerolzhofen – und hat 2,1 Millionen Euro aus diesem Topf erhalten.
Volkach hat laut Medienberichten sogar 3,75 Mio € erhalten. Dabei hat Volkach laut “Statistik Kommunal” 270 € Schulden pro Einwohner, wir haben die fünffache Verschuldung in unserem Haushalt abgebildet.
Wir erfüllen als Mittelzentrum so viele Aufgaben für die Region und die Bürger Gerolzhofens bezahlen es.
Wir haben dafür Einrichtungen geschaffen, die in der deutlichen Mehrheit nicht von den Bürgern Gerolzhofens genutzt werden, sondern von Menschen aus dem Umland. Nur jeder Eintritt ins Geomaris wird mit rund 4 € von den Bürgern Gerolzhofens bezuschusst. Jedes ausgeliehene Buch wird von den Bürgern Gerolzhofens mit 3 € bezuschusst.
Die Stadt Gerolzhofen leistet sehr viel für die Menschen der Region und diese Leistung muss auch aus der Region honoriert werden. Eben indem wir aus der überkommunalen Ebene – dem Land Bayern – entsprechende Mittel bekommen.
Wir sind als Stadt in Vorleistung gegangen: Betreiben das Schwimmbad für die Region, damit die Kinder Schwimmen lernen können, betreiben die Bibliothek für die Region, damit die Kinder besser lesen lernen. Jetzt muss die Gesellschaft ihren Teil erfüllen und diese Leistungen vergüten. Über Schlüsselzuweisungen, Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen. Nachdem der Freistaat finanziell blendend da steht, erwarten wir eine stärkere finanzielle Unterstützung für unsere Aufgaben als Mittelzentrum im ländlichen Raum.
Wir – die CSU-Fraktion – sind hier mit der Verwaltung und dem Bürgermeister in Kontakt und werden in den nächsten Monaten einen Antrag im Stadtrat einbringen, um das Thema Stabilisierungshilfen anzugehen.
Wirtschaftsförderung in der Stadt verankern
Das war das Thema Einnahmen durch den Freistaat. Kommen wir zu unseren eigenen Steuereinnahmen.
Wir investieren Jahr für Jahr 6-stellige Summen in die Tourismusförderung. Damit holen wir ein paar Busse plus Individualreisende nach Gerolzhofen, die im Schnitt nicht mal eine Nacht hier bleiben. Ich möchte hier nicht kürzen, dieses Investment unterstützt unsere Gastronomie und Übernachtungsbetriebe, die für das Gefühl “hier ist was los” sorgen.
Aber ein starker Wirtschaftsstandort ist essentiell für unser Gemeinwohl und wir müssen als Stadt viel mehr tun, um unsere Unternehmen zu unterstützen. Ich möchte mich bei allen Unternehmerinnen und Unternehmern für Ihren Mut und Ihr Engagement in Gerolzhofen bedanken.
Der Facharbeiter-Antrag aus dem Wirtschaftsarbeitskreis ist hier ein erster Schritt:
Unternehmen stellen Mitarbeiter ein, um mehr Aufträge abarbeiten zu können, also mehr Umsätze zu machen.
Die Auswirkung für die Stadt: Die Umsatzsteuerbeteiligung steigt.
Aber primär werden Mitarbeiter eingestellt, um mehr Gewinn zu machen.
Die Auswirkung für die Stadt: Die Gewerbesteuereinnahmen steigen.
Neue Mitarbeiter müssen irgendwo wohnen, ein Teil wird sicherlich in Gerolzhofen wohnen.
Die Auswirkung für die Stadt: Die Einkommensteuerbeteiligung steigt.
Und wenn dafür neuer Wohnraum geschaffen wird, ist
die nächste Auswirkung für die Stadt: Die Grundsteuer B steigt.
Daher müssen wir die Haushaltsposition Wirtschaftsförderung konsequent ausbauen.
Und wir haben und müssen weiterhin verstärkt Mittel für den Ankauf von Flächen im Haushalt vorsehen und müssen konsequent weiter Bauland ausweisen: Fürs Arbeiten und fürs Wohnen..
Baugebiet Nützelbach II
Kommen wir damit zum Wohnen:
In gut einem Monat findet der Bürgerentscheid zum Baugebiet Nützelbach II statt. Dieser Haushalt zeigt es: Die Einkommensteuerbeteiligung ist die größte und stärkste und konstanteste Einnahmequelle unserer Stadt. Wir haben sehr viele Arbeitsplätze und viele Einpendler in unserer Stadt. Vollends profitieren wir davon, wenn wir sie zu Neubürgern machen. Dazu müssen wir die privaten Baulücken in bestehenden Gebieten füllen, aber auch neue Baugebiete ausweisen. Und nicht immer nur eines nach dem anderen, was dazu führt, dass man ein Jahr lang Grundstücke anbieten kann und dann drei Jahre lang nicht mehr und in der Zeit ziehen Menschen woanders hin. Sondern wir müssen eigentlich immer an vier Gebieten arbeiten: Eines ist fertig und wird verkauft. Eines wird erschlossen und ist in einem Jahr fertig. Eines wird im Detail geplant und ist in zwei bis drei Jahren fertig. Und für das Vierte müssen bereits die Langfristplanung und Kaufverhandlungen laufen.
Geht man von dem Potential von 400 Einpendlern aus, bedeutet das, dass da sehr viele Paare und Familien dahinter stehen und dass wir ein Potential für 400 Wohnungen und Häuser in Gerolzhofen haben.
So ein Baugebiet mit 40-60 Grundstücken ist da nur ein Baustein in einer langfristigen Wachstumsstrategie, zu der wir uns als CSU-Fraktion eindeutig bekennen.
Hier ist Nützelbach II also nur ein Baustein, aber ein sehr wichtiger Baustein für den Erfolg unserer Stadt und ich rufe alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, beim Bürgerentscheid am 28.04. mit NEIN zu stimmen.
Mobilität als Basis für wirtschaftlichen Erfolg
Aber nicht nur Gewerbe- und Wohn-Bauland ist ein Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg unserer Stadt.
Die Randlage im Landkreis Schweinfurt, die Randlage in Unterfranken macht vieles nicht leichter. Der ÖPNV in Ost-West-Richtung in die Universitätsstädte Würzburg und Bamberg ist quasi nicht vorhanden. Der Ausbau der B286 geht voran, aber auch langsamer als geplant. Vom vierspurigen Ausbau zwischen Gerolzhofen Nord und Gerolzhofen Süd ist nichts zu hören. Während bei Schwebheim neue Ausfahren entstehen, Wiesentheid eine dritte Ausfahrt bekommen hat – absurderweise mit einer Ampel auf der Schnellstraße – und das 800-Einwohner-Rüdenhausen jetzt neben der alten Ausfahrt zusätzlich drei neue Ausfahrten besitzt.
Wir brauchen in Zukunft auch eine echte Ausfahrt Gerolzhofen Nord, das die beiden Industriegebiete versorgt und eine echte Ausfahrt Gerolzhofen Süd, das die Wohnbaugebiete von Gerolzhofen erschließt.
Glasfaser-Internet als Basis für wirtschaftlichen Erfolg
Die Versorgung mit schnellem Internet ist in Gerolzhofen erheblich besser als im Umland. Aber für den Standard, den Unternehmen für sich und für Heimarbeitsplätze benötigen, reicht es bei weitem nicht aus. Fast alle Haushalte in Gerolzhofen haben keinen Glasfaseranschluss bis ins Haus (FTTB), bis zur Wohnung (FTTH), bis zum Computer (FTTD). DSL bietet 100 MBit, Kabel nominell 400 Mbit, aber mit steigender Verbreitung des shared-Medium “Kabel-Internet” werden in den Abendstunden die versprochenen Leistungsdaten bereits jetzt schon nicht erreicht.
Vom ausgerufenen Ziel der Gigabit-Gesellschaft, also 1000 MBit für alle, sind die Angebote mit 100 bzw. 400 MBit noch weit entfernt. Die Bundesregierung möchte die Gigabit-Gesellschaft bis Ende 2025 erreicht haben. Der Zeitplan ist ambitioniert, aber genau das brauchen wir v.a. hier in Gerolzhofen um keinen Wettbewerbsnachteil zu den größeren Städten zu haben, die bereits an den Glasfaserleitungen angeschlossen sind.
Ich möchte mich bedanken bei den Leiterinnen und Leitern unserer vielen starken Einrichtungen, die die sozialen und ökologischen Aufgaben in unserer Stadt sicherstellen. Ich bedanke mich bei unseren Vereinen, für die gute Zusammenarbeit und für die sportlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Angebote der Vereine.
Ich bedanke mich bei der Verwaltung, vertreten durch unseren geschäftsführenden Beamten Johannes Lang, bei unserem Bürgermeister Thorsten Wozniak und heute insbesondere bei unserem Kämmerer René Borchardt für das Aufstellen des Haushaltes und unter dem Jahr für das gute Bearbeiten der darin budgetierten Projekte.
Vielen Dank!
Das Projekt https://vergleich.bayern/ möchte kommunale Kennzahlen für Stadt- und Gemeinderäte, Journalisten und Laien benutzerfreundlich und verständlich aufbereiten.
https://vergleich.bayern/ ist ein Freizeit-Projekt im Bereich Statistik und Datenjournalismus von Pascal Herbert und mir.
Die Idee bzw. Notwendigkeit dazu ist im Rahmen meiner Tätigkeit als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Gerolzhofen gekommen:
“Wie stehen wir im Verhältnis zu anderen Kommunen da?”
“Was bedeutet diese Kennzahl? Ist das viel oder wenig? Ist das gut oder schlecht?”
“Welche Zusammenhänge gibt es zwischen Kennzahlen und Größenklassen (oder Regierungsbezirk)?”
Eine zentraler Ansatz ist, dass wir alle Kennzahlen auf den vergleichbaren Wert “Euro pro Einwohner” umrechnen und so eine Vergleichbarkeit herstellen.
3.) Verteilung der Kennzahlen anschauen
Z.B. “Finanzkraft minus Steuerkraft” nach Größenklasse, Zentrumsklasse und Regierungsbezirk: https://vergleich.bayern/kennzahlen/37/2017
Bevor wir das Projekt offiziell starten, müssen wir noch Fehler ausmerzen, Userfeedback einholen und ihm den letzten Feinschliff für das Going-Live verpassen.
In der öffentlichen Beta-Phase seid ihr gefragt! Bitte probiert das Portal aus und schaut, ob
die Bedienung für euch klar und verständlich ist.
die Erklärung und v.a. Interpretation der Kennzahlen nachvollziehbar, verständlich und richtig ist.
ihr Ideen für weitere Auswertungen oder graphische Visualisierungen habt (dazu sind wir jetzt noch nicht gekommen)
es in allen Browsern und Endgeräten gut funktioniert. Aufgrund der Datenmenge und Tabellendarstellung ist es nur eingeschränkt responsive.
Bitte gebt das Feedback an: feedback@vergleich.bayern
Inzwischen haben alle an der ehem. Bahnstrecke anliegenden Gemeinden entlang der Strecke einen Antrag auf Entwidmung gestellt, da das Gelände – wie in Gerolzhofen – annähernd jede Gemeinde zerschneidet und die Entwicklung der Kommunen blockiert.
Wir – die CSU Fraktion im Gerolzhöfer Stadtrat – möchten unsere Vision für das Bahngelände vorstellen, die viele Probleme lösen würde.
Dazu haben wir zuerst den Bayernatlas genommen und unter seiner Zuhilfenahme optisch verschiedene Bauwerke von anderen Stellen aus Gerolzhofen ausgeschnitten und neu angeordnet:
Zuerst den Rügshöfer Kreisel samt Radweg.
Verlängert mit einem Stück der Bahnhofsstraße.
Dann 6x die “Parkinsel” vom Parkplatz an der Mittelschule (ca. 110 Parkplätze).
Dann als exemplarisches Büro/Kombigebäude den Markt südwestlich des Rügshöfer Kreisels (1500 m² Grundfläche Gebäude).
Dann 5x einen Ausschnitt der Straße “Kleines Krautfeld” aus dem Wohngebiet “Weiße Marter” (18 Bauplätze).
Diese skizzierte Vision hat folgende Gedankengänge:
Kreisverkehr
Der Kreisverkehr löst folgende Verkehrsprobleme:
Die Kreuzung Kolpingstraße <=> Frankenwinheimer Straße wird entlastet und der Verkehr wird wieder flüssig.
Die Einfahrt zu den Märkten erfolgt nicht mehr über die Frankenwinheimer Straße, sondern über den Kreisverkehr.
Dadurch wird die Ausfahrt Pestalozzistraße massiv entlastet.
Fussgänger, Rollatornutzer und Radfahrer (v.a. aus dem Wohngebiet Weiße Marter) können am Kreisel sicher die Frankenwinheimer Straße überqueren und so sicher zu Fuss zu den Märkten gelangen.
Interessant: Der Rügshöfer Kreisverkehr passt von den Ausmaßen perfekt dort hinein, und man könnte ihn sogar noch in jede Richtung verschieben, es ist noch Luft da, wodurch man die Zufahrten (hier jeweils im 45°-Winkel) noch weiter optimieren könnte.
Auch das alte Bahnhofsgebäude wäre nicht näher am Kreisel als es jetzt an der Kolpingstraße ist. Zudem fließt durch den Kreisverkehr nicht mehr oder weniger Verkehr durch die Straßen. Für die Anwohner verändert sich also nichts.
Wobei ich persönlich davon ausgehe, dass ein Kreisverkehr in der Innenstadt nicht so groß und „perfekt“ sein müsste wie ein Kreisverkehr im Außenbereich, wo man mit höheren Geschwindigkeiten rechnen muss. Ich erwarte, dass man diesen Kreisverkehr kompakter planen und bauen kann. Ich wollte aber zeigen, dass es möglich ist, selbst einen großen, vollwertigen Kreisverkehr an diese Stelle zu planen.
Der Kreisel würde – wie in Rügshofen – auf der Staatsstraße liegen und dürfte der teuerste Bestandteil der Gelände-Entwicklung sein. Hier würde ich eine ähnliche Finanzierungslösung wie beim Rügshöfer Kreisel erwarten, nämlich 80% der Freistaat Bayern und 20% die Stadt Gerolzhofen.
Achse Märkte zu Marktplatz
Zentraler Bestandteil ist die durchgehende Achse von den Märkten zur Innenstadt. Das wird dann die neue Innenstadt: 2 Märkte, neues Büro oder Gewerbegebäude, Busbahnhof, Tankstelle, Spiel- und Haushaltswarengeschäft, ggfs. weitere Entwicklungen am ehem. Butterwerk, dann Zahnarztgebäude, IT, Post, Modehaus, Marktplatz und Marktstraße, Fußgängerzone und Verwaltungsgemeinschaft ist die neue innenstädtische Einkaufsachse in Gerolzhofen. An beiden Seiten (Busbahnhof und VG) sind öffentliche Parkplätze, die für Besucher kurze Wege bedeuten. Der ÖPNV am Busbahnhof wächst so in die Mitte der Innenstadt.
Parkplätze
Die Parkplätze dienen dem Komfort der Besucher, für Arbeitnehmer in der Innenstadt, für unsere Feste am Marktplatz und Innenstadt für ÖPNV-Nutzer am Busbahnhof. Weiterhin geben die Parkplätze an der Stelle Flexibilität, falls man das Gelände am ehem. Butterwerk in Zukunft anders entwickeln möchte.
Platz für Büros
Der Gewerbebau hinter der Tankstelle sollte bevorzugt ein Bürogebäude sein, kann aber auch ein Mischgebäude aus Büro, Einzelhandel und Wohnen sein, analog zum neuen Spiel- und Haushaltswarengeschäft in der Bgm.-Weigand-Str. (im Erdgeschoss Einzelhandel, darüber Wohnungen).
Platz zum Wohnen
Der Süden von Gerolzhofen gehört dem Wohnen, auch das wird hier gelebt: Hinter der Tankstelle beginnen 18 neue Bauplätze. Die Bauplatz-Vorlage aus der Weißen Marter hat interessanterweise sogar einen größeren Zuschnitt als z.B. im Schießwasen. Möglicherweise kann man also noch mehr Bauplätze unterbringen. Oder Bauplatzformate für Mehrfamilien- oder Reihenhäuser oder ein zweites „Hochhaus“ mit auch kleinen Wohnungen: wir brauchen in Gerolzhofen auch mehr kleine und günstige Mietwohnungen für Azubis und Singles.
Verdichtung der Innenstadt statt Versiegelung der Flur
In jedem Fall kommen wir damit der Nachverdichtung der Innenstadt nach, um weniger landwirtschaftliche Fläche im Außenbereich “zuzubetonieren” (wobei wir als Stadt generell deutlich wachsen müssen, um genug Auslastung für unsere Einrichtungen wie Schwimmbad, Bücherei, etc. zu bekommen).
Konkrete Anträge im Stadtrat
Diese Vision möchten wir als CSU-Fraktion jetzt professionell validiert haben, ob es so oder so ähnlich möglich ist, u.a. in Hinblick auf Abstandsflächen, Erschließungsmöglichkeiten, Kosten etc.
Wir haben den Bürgermeister gebeten, beide Anträge als „Antwort“ auf die gleiche Tagesordnung zu setzen, wenn der Antrag des Geo-net-Stadtrates Thomas Vizl zur Wiederbelebung der Steigerwaldbahn auf die Tagesordnung kommt. So können wir eine seriöse Diskussion mit verschiedenen Alternativen führen.
Ältere Blogposts zum Bahngelände
In dem Kontext möchte ich auf diese beiden älteren Blogposts von mir hinweisen:
Natürlich weiß ich um die Sicherheits- und Haftungsaspekte und genau das ist ein Teil meiner Kritik:
Die Gesellschaft steuert immer mehr auf eine Vollkasko-Gesellschaft zu und das Baumkataster vereinigt vieles, was hier in meinen Augen schief läuft.
Die Ausgangssituation: Die Stadt hat viele eigene, öffentliche Flächen und da stehen viele Bäume drauf. Fällt ein Ast runter, kann ein Schaden entstehen.
Kann man sich durch Vorbeugen tatsächlich schützen oder ist das höhere Gewalt?
Früher war es auf jeden Fall höhere Gewalt, heute schaut man, wen man haftbar machen und ggfs. verklagen kann.
Das ist ein Trend in allen Teilen der Gesellschaft, z.B. in Schulen: Zahllose Klagen und Beschwerden gegen Lehrer, wenn Kinder vermeintlich schlecht benotet werden. Oder wer heute auf Glatteis ausrutscht, ist nicht mehr selber schuld, sondern schaut, wen er verklagen kann, weil jemand vielleicht nicht richtig gestreut hat. Das zeigt alles das gleiche Phänomen, die eigene Verantwortung von sich weg zu schieben und einen Schuldigen zu suchen.
Organisationsverschulden in der Verwaltung
Auf der Ebene der Verwaltung heißt die Drohung “Organisationsverschulden”: Hat der Leiter einer Organisation (hier der Bürgermeister) Kenntnis über Missstände und handelt nicht, haftet der Leiter persönlich.
Theoretisch ist das alles richtig und wichtig. Aber praktisch passen Maß und Mitte nicht mehr.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Die frühere Lösung in der Stadthalle mit der Beaufsichtigung durch einen Feuerwehrmann/frau war praktikabel und hat es uns ermöglicht, trotz zweifelhaftem Brandschutz Veranstaltungen in der Stadthalle durchzuführen: Es gibt zwei Ausgänge und Profis von der Feuerwehr passen aktiv auf. Die Feuerleute werden bezahlt, man hat etwas mehr Kosten, aber die sind überschaubar, alle sind zufrieden und das Risiko ist ebenfalls überschaubar.
Jetzt zeigen zu viele Finger auf die Stadt – und somit auf den Bürgermeister – dass wir nicht sehenden Auges in einer Halle ohne zeitgemäßen Brandschutz Veranstaltungen durchführen könnten und hier gehandelt werden müsse. Was bleibt übrig, wenn am Ende einer persönlich haften muss: Die Stadthalle ist geschlossen. Logisch.
Das Gleiche bei den Bäumen: Ohne Nachweis, sich um die Bäume gekümmert zu haben, haftest du. Also werden alle Bäume einzeln untersucht. Für 94.645 € (Hinweis: das ist die Summe der letzten 3 Jahre für die Maßnahme samt Folgemaßnahmen).
Mir konnte noch nicht ein Haftungsfall der Vergangenheit der Stadt Gerolzhofen genannt werden, der aus diesem theoretischen Risiko ein praktisches gemacht hätte (also dass die Stadt verklagt wurde, weil ein um- oder runterfallender Baum oder Ast einen Schaden verursacht hat).
Wir haben eine sehr gute Stadtgärtnerei, die bisher ja ebenfalls mit offenen Augen durch die Stadt gegangen ist. Die Spielplätze werden mehrmals die Woche vom Bauhof gereinigt, die Kindergärten und Schulen haben Personal, die Hinweise geben, wenn ein Ast oder Baum bedenklich aussieht. Zudem: Wenn irgendwo ein Baum morsch war, gab es Hinweise aus der Bevölkerung, die an die Stadtgärtnerei, an das Stadtbauamt oder die Stadträte getragen wurden. Die haben es dann an die Stadtgärtnerei weitergegeben, die sich drum gekümmert hat.
So hat es nachweislich immer gut funktioniert und würde es auch weiter gut funktionieren.
Hier ist in meinen Augen einfach kein Handlungsbedarf abseits der nun notwendigen rechtlichen Absicherung.
Mit den 94.000 € könnten wir z.B. eine weitere Stelle in der Stadtgärtnerei finanzieren, die sich um ein noch besserer Stadtbild oder bessere Baumpflege kümmert. Oder wir könnten mit den 94.000 € das Dach des FC-Gebäudes sanieren oder etwas anderes machen, was die Bürger von Gerolzhofen – vertreten durch die Stadträte – als beste Verwendung für das Geld halten.
So aber können wir es nicht selbst entscheiden. Von außen wird indirekt in die Stadtkassen gegriffen und uns Stadträten Entscheidungskompetenzen genommen. Gleichzeitig wird durch den Hinweis auf das Organisationsverschulden mal eben das Konnexitätsprinzip außer Kraft gesetzt.
Formell gibt es das Konnexitätsprinzip, sprich: “wer eine Aufgabe bestellt, bezahlt sie auch”. Das gilt insbesondere für Aufgaben, die vom Land oder Bund an die Kommunen übertragen werden.
Das sehe ich an sehr vielen Stellen faktisch ausgesetzt.
Das Spiel läuft heute so: Man legt bestehende Gesetze streng aus und pocht auf Verantwortlichkeiten. Und schon müssen wir auf Veranlassung von außen als Kommune tätig werden, die Bäume untersuchen lassen, die Aufmaße der Häuser aufnehmen, unsere Einrichtungen nach und nach wegen Brandschutz schließen, Satzungen, die sich bewährt haben, neu erstellen. Dabei hat es früher auch funktioniert.
All das kostet Geld und wir müssen es aus unserem leeren Stadtsäckel nehmen.
Durch diese Ausgaben alleine für Rechtssicherheit fehlen uns die Ressourcen für in meinen Augen wichtigere Aufgaben. Noch einmal: nicht wir Stadträte als tragende Säule der kommunalen Selbstverwaltung haben das entschieden, sondern die Entscheidung wurde uns von außen aufgezwungen. Ich glaube, kein Stadtrat hat ein Problem gesehen, dass häufig Äste auf Spaziergänger oder parkenden Auto fallen würden, so dass der Start einer Baumoffensive eminent gewesen wäre. Da brennen uns die Mittelschule, FC-Gebäude, Marktplatz-Zustand, Stadthalle, Entwicklung neuer Baugebiete, ein schönes Ortsbild, Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und vieles mehr unter den Nägeln.
Nichts steht für diese Zeitenwende sinnbildlicher als das Baumkataster und die gezielte Untersuchung aller 5500 Gerolzhöfer Bäume. Es ist ja nicht so, dass wir nicht auch schon vorher eine hervorragende Stadtgärtnerei mit motivierten und fähigen Mitarbeitern gehabt hätten.
Unsere Rollen in der Kommunalpolitik
So muss auch in diesem Kontext meine Beziehung zum Bürgermeister gesehen werden: Wir ziehen an einem Strang, haben aber unterschiedliche Rollen, die hier zum Tragen kommen:
Wenn ich eine Ausgabe als sinnlos benenne, kritisiere ich nicht die gute Arbeit der Menschen, die diese Aufgabe mit Hingabe ausüben, weder den Bürgermeister, noch die Mitarbeiter der Stadt, sondern nur und alleine die Ausgabe.
Denn es ist die Aufgabe von uns Stadträten, immer wieder Aufgaben und Ausgaben kritisch zu hinterfragen: gibt es nicht bessere Aufgaben für unsere – von den Bürgern bezahlten – Mitarbeiter, die mit diesen Geldern einen noch größeren Nutzen für unsere Bürgergemeinschaft erbringen können. Um solche generelle Themen ins Bewusstsein der Öffentlich zu bringen, ist es notwendig, sie nicht nur hinter verschlossenen Türen anzusprechen, sondern eben auch öffentlich zu thematisieren.
Genauso muss der Bürgermeister sich als Vorgesetzter der Mitarbeiter vor eben diese stellen und Kritik an den Aufgaben verwehren, da es nach aktueller Beschlusslage eben eine Aufgabe der Verwaltung ist und er der Chef der Verwaltung.
Ich sehe hier keinen Konflikt, sondern es sind zwei Seiten der selben Medaille, die beide das Beste für Gerolzhofen wollen.
Meine Kritik bezieht sich nicht auf die Stadt oder die Mitarbeiter der Stadt, sondern um das Generelle an sich, das vermutlich aktuell alle Kommunen in Bayern beschäftigt.
Um das selbstverständliche auszusprechen: Ich tausche mich regelmäßig mit unserem Bürgermeister Thorsten Wozniak aus, die Zusammenarbeit ist hervorragend!
PS: Gar nicht betrachtet habe ich in diesem Blogpost die Kosten pro Baum (94T€ / 5500 Bäume = 17 € pro Baum) oder Kosten pro Bürger (94T€ / 6900 Bürger = 13 € pro Bürger) oder eine Hochrechnung auf Bayern (damit beschäftigt sich ja gerade quasi jede Kommune) oder ein Vergleich der Größenordnungen zur kommunalen Verschuldung (776 € pro Kopf im Bayern-Durchschnitt) oder ein Vergleich mit Schadenszahlen (die durch Versicherungsprämien repräsentiert werden). Da könnte man die Sinnhaftigkeits-Debatte auf ganz anderen Ebenen außer der Kritik an Organisationsverschulden und Konnexitätsprinzip führen.
Die neuen Regelungen zu den Straßenausbaubeiträgen scheinen ein Desaster für – insbesondere finanzschwache – Kommunen zu werden.
„Für die Bürger wird es billiger, wo ist das Problem?“ Ich sehe die Bürger dadurch in ihren Entscheidungskompetenzen beschnitten, und bin der Meinung, dass es dadurch nicht billiger wird, im Gegenteil. Das möchte ich ausführen:
Betrachten wir zunächst den finanziellen Aspekt:
Es war Plan der Stadt Gerolzhofen, jedes Jahr eine Straße auszubauen. Die meisten Kommunalstraßen wurden in der Wirtschaftswunderzeit gebaut und sind jetzt sanierungsbedürftig und müssen für die nächsten 50 Jahre fit gemacht werden.
Die Kosten betragen bei unseren Straßenlängen rund 1 Mio Euro pro Straße. Davon wurden je nach Straßen-Kategorie ca. 60-70% auf die Anlieger umgelegt, das sind bei rund 6900 Gerolzhöfern ca. 650.000 € oder 90 € pro Einwohner.
Reiche Kommunen haben das nicht notwendig gehabt und haben ihre Straßen komplett aus ihren Steuereinnahmen der Bürger finanziert (Gerolzhofen hat als ländliche Kleinstadt relativ wenig Steuereinnahmen).
Jetzt gibt es keine Ausbaubeiträge mehr, dafür haben die Freien Wähler eine pauschale Summe ausgehandelt: Kurzfristig 100 Mio € pro Jahr und mittelfristig 150 Mio € pro Jahr in Summe für alle Kommunen. Hört sich auf den ersten Blick gut an, aber für die kleinen und finanzschwachen Kommunen ist es eine Katastrophe: Die Summe ist viel zu gering! Geht man davon aus, dass die 150 Mio € pro Kopf verteilt werden, bedeutet dass bei 13 Mio Einwohnern in Bayern 11,5 € pro Kopf. Auf 6900 Gerolzhöfer hochgerechnet wären das 79.000 €. Zu rund 650.000 € bisher.
Oder teilt man die 150 Mio € auf die 2056 Kommunen in Bayern auf, kommt man auf 73.000 € pro Kommune. Selbst wenn eine Härtefallregelung von +50% oder +100% oder gar +200% kommen sollte, ist man Größenordnungen von der bisherigen Finanzierung entfernt.
Was sind die Konsequenzen?
1. Wir werden weniger Straßen ausbauen, weil wir es uns jetzt noch schlechter leisten können.
2. Wir werden mehr Schulden für unsere Infrastruktur aufnehmen müssen oder andere freiwillige Leistungen einsparen müssen. Die Tilgungssummen der Infrastruktur-Finanzierungen stehen im Wettbewerb zur Finanzierung unserer freiwilligen Leistungen und Einrichtungen. Die Bürger bezahlen es also indirekt, wenn das Geld nicht mehr in freiwillige Leistungen fließt.
3. Die Bürger haben weniger Handlungsspielraum: Das beste demokratische Repräsentationsverhältnis und so die größte demokratische Einflussmöglichkeit der Bürger ist auf der kommunalen Ebene. Früher konnten die Bürger so maximalen Einfluss nehmen, ob sie lieber mehr Zahlen wollen und dadurch bessere Straßen haben wollten. Jetzt wurde diese Entscheidungsmöglichkeit aus München weggenommen.
4. Und es ist eine weitere Umverteilung von den kleinen, armen Kommunen zu den großen, reichen Kommunen: Die Landeshauptstadt hatte in der Vergangenheit keine Straßenausbaubeiträge erhalten, wird aber vermutlich in Zukunft auch in diesem Topf reingreifen. Wieder eine relative Schwächung des ländlichen Raums.
Das fügt sich in diesen Trend ein, den ich hier beschrieben habe: https://blog.arnulf-koch.de/benachteiligung-der-mittelzentren/
Am 23.04.2018 wurde der Haushalt der Stadt Gerolzhofen für das Jahr 2018 beschlossen. Hier meine Rede für die CSU-Fraktion:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wozniak,
sehr geehrter Herr Kämmerer Borchardt,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Jahr 2018 steht zwischen Großbaustellen:
Das Geomaris-Projekt ist abgeschlossen und läuft rund. Die Nutzer sind zufrieden, also ist es die Stadt auch. Das laufende Geomaris-Defizit ist unschön, aber hinzunehmen, wenn wir das Bad weiter betreiben wollen.
Die nächste Großbaustelle wird in Zukunft der Neubau der Grund- und Mittelschule sein. Dieses Projekt wird den Geomaris-Teilneubau in den Schatten stellen. Hier wird eine bessere Vernetzung und Zusammenarbeit mit den Schulverbandskommunen im Fokus stehen. Aber das ist heute nicht das Thema.
Aktuell hat die Stadt aufgrund der unklaren Finanzierungssituation auch den Ausbau von Straßen auf Eis gelegt. Hier schieben wir einen hohen Investitionsbedarf vor uns her.
Wie sieht es aber in 2018 aus?
Rekord-Einkommensteuereinnahmen.
Rekord-Grundsteuereinnahmen.
Wirtschafts-Boom.
Und trotzdem reicht es vorne und hinten nicht und am Jahresende werden wir 2,6 Millionen Euro mehr Schulden haben. Ein Schulden-Plus von 26,7% innerhalb eines Jahres.
Alles nur Schwarzseherei? Nein!
Zum einen geben wir das Geld komplett für unsere Bürger aus. Wenn wir 380.000 € für die Geomaris-Tilgung und 450.000 € für das Geomaris-Betriebsdefizit ausgeben, also 830.000 € pro Jahr, dann profitieren die Bürger davon, dass ein Eintritt nur 10 € statt 20 € kostet.
Übrigens: Das sind knapp 120 € pro Bürger und Jahr: Wer 1x im Monat ins Schwimmbad geht, hat sein Geld wieder reingeholt.
Etwas kritisch sehe ich natürlich, dass wir das Geld nicht von anderen Einnahmen umschichten können, sondern dass wir es von den zukünftigen Leistungen der Kinder und Enkel nehmen – nichts anderes sind ja unsere Schulden.
Als Stadträte hören wir ganz viele Wünsche und Ansprüche. Manchmal frage ich mich, ob allen Bürgern dieser Deal klar ist: “Das Weinfest ist kostenlos oder Euch kostet der Geomaris-Eintritt nur 10 €, den Rest zahlen Eure Kinder und Enkel in den nächsten Jahrzehnten.”Es ist eine einfache Entscheidung für uns Stadträte heute ja zu Schulden zu sagen. Schwieriger ist es, heute schon nein zu sagen und es eben nicht zur nächsten Generation zu schieben.
Kurz hinweisen möchte ich im Kontext Sparsamkeit auf unseren Spielplatz-Antrag: Wir wollen etwas großartiges schaffen, aber es seriös und ohne Haushalts Mehrbelastung gegenfinanzieren, indem im Antrag gleich der konkrete Einsparvorschlag mitbeschlossen wird. Das sollte Motto aller Fraktionen im Stadtrat werden, nicht nur Geld auszugeben, sondern mit jedem Maßnahmen Beschluss die gleichwertige Einsparung mit vorzuschlagen.
Aber das allein wird langfristig nicht ausreichen. Die Finanzierung der Kommunen muss im Staatsgefüge massiv verbessert werden! Und wenn das nicht erfolgt, dann müssen Aufgaben in übergeordnete Ebenen verschoben werden.
Zurück nach Gerolzhofen: Was ist eine nachhaltige Entwicklung?
Die finanzielle Basis der Stadt stärken ist nachhaltig: 3,7 Mio € Einkommensteuer-Umlage kann durch neue Wohngebiete verbessert werden. Ich rede von Nützelbach II. Dazu kommen 0,8 Mio € Grundsteuer B, die dann automatisch mit steigen werden.
2,7 Mio € Gewerbesteuer. Stark schwankend, aber je mehr erfolgreiche Gewerbebetriebe wir haben, desto mehr Gewerbesteuereinnahmen haben wir im Mittel.
Daher ist es richtig und wichtig, dass wir in Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete investieren.
Ohne eine klare Wachstumsperspektive wäre es sonst unverantwortlich, so tolle, vielfältige und teure Einrichtungen zu erhalten.
Wir, die CSU-Fraktion im Gerolzhöfer Stadtrat, stehen für eine klare und starke Wachstumsperspektive in den Bereichen Wohnen, Gewerbe und Industrie.
Denn gerade bei unseren Flächen zeigt sich: Angebot schafft Nachfrage und das Angebot muss vorrätig sein. Weder als Häuslebauer, noch als Gewerbetreibender will ich 3 Jahre warten, wenn ich jetzt bauen will. Ich will kurzfristig kaufen und kurzfristig loslegen. Daher müssen wir als Stadt immer ausreichend fertig erschlossene Bauplätze vorhalten. Daher setzen wir uns von der CSU dafür ein, das Wohnbaugebiet Nützelbach II aktiv und schnell voranzutreiben sowie die beiden Industriegebiete im Norden weiter zu vergrößern.
Warum ist die Wachstumsperspektive und dafür notwendige Attraktivität so gut bei uns? Wir haben eine sehr lebenswerte Stadt, wir haben alle Schulen, perfekte Kinderbetreuung, top ärztliche Versorgung, mehr Arbeitsplätze als Arbeitnehmer, Internet mit 400 MBit, in Kürze noch mehr Attraktionen im “Freizeitpark Gerolzhofen Süd”, vielfältige Kulturangebote – nicht nur absolute Highlights wie “Du musst dran glauben”, sondern die dutzende Kulturveranstaltungen über das ganze Jahr verteilt – und natürlich die schönsten Feste weit und breit. Hier in Gerolzhofen will man leben und arbeiten.
Wir – die CSU Stadtratsfraktion – sehen dem Haushaltsjahr 2018 so positiv entgegen, dass wir voll hinter dem Haushalt stehen können.
Ich möchte mich bedanken bei der Verwaltung, vertreten durch unseren geschäftsführenden Beamten Johannes Lang, bei unserem Bürgermeister Thorsten Wozniak und heute insbesondere bei unserem Kämmerer René Borchardt für das Aufstellen des Haushaltes und unter dem Jahr für das gute Bearbeiten der darin budgetierten Projekte.
Vielen Dank!
Gerolzhofen ist ein Mittelzentrum in Bayern. Und während Bayern glänzend da steht, ersticken wir in Schulden.
Am Beispiel von Gerolzhofen möchte ich wichtige Faktoren auflisten, wie Mittelzentren in Bayern systematisch zugunsten der Großstädte benachteiligt werden.
Es gibt keine ausreichende Förderung des ländlichen Raums!
Es wird viel von einer Förderung des ländlichen Raums geredet, aber ich möchte darlegen, warum das nicht der Fall ist und vielmehr eine Förderung der Großstädte zu Lasten des ländlichen Raums stattfindet.
Es läuft überall auf das gleiche Prinzip raus: Man freut sich über eine 300-€-Gehaltserhöhung, weiß aber nicht, dass der Kollege eine 600-€-Gehaltserhöhung bekommen hat.
Ich möchte im folgenden Artikel aufzeigen, dass sich dieses Prinzip systematisch durch alle Bereiche durchzieht.
ÖPNV findet kaum statt.
Verbindung nach Würzburg: 2 Stunden für 40 km Luftlinie. Aus dem 300 km entfernten München bin ich mit dem ICE fast genauso schnell nach Würzburg als hier in den Nachbarlandkreis gefahren.
Dann unsere Busverbindungen: 20 oder 30 Minuten Takt? Schön wärs.
Was passiert mit unserer Bahnlinie? Seit rund 30 Jahren kein regulärer Personenverkehr mehr.
Die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke kostet 3,84 Mrd € [1]. Die Stadt München beteiligt sich mit 0,11 Mrd. €. Land, Bund, Bahn etc. zahlen also 3,77 Mrd. € oder bei 1,5 Mio Einwohner rund 2500 € pro Einwohner.
Auf den Landkreis Schweinfurt runtergebrochen wären 2500 € externe Mittel pro Einwohner in Summe 283 Mio €. Mir ist im Landkreis keine einzige extern geförderte ÖPNV-Invest-Maßnahme bekannt.
Die Reaktivierung der Bahnstrecke Gerolzhofen-Schweinfurt dürfte je nach Schätzung zwischen 20 und 100 Mio € kosten. Warum ist das Geld in München da, aber nicht im ländlichen Raum?
Frei nach Billy Wilder in “Eins, Zwei, Drei”: Keine Stadt sollte zwei S-Bahn-Stammstrecken haben, solange es noch Städte ohne S-Bahn-Stammstrecke gibt.
Mietpreisbremse
Das attraktive München wird noch attraktiver. Die Mietpreisbremse ist eine Schwächung des ländlichen Raums. Wir bieten günstigen Wohnraum: 5-6 €/m²! Lasst die Großstädte doch unattraktiv werden. Dann nimmt der Zustrom von alleine ab und mehr Menschen siedeln sich auf dem Land an. “Aber die Arbeitsplätze sind doch in der Stadt”: Wenn die Unternehmen keine Mitarbeiter mehr in den Städten finden, werden die Unternehmen aufs Land kommen. Wir haben Flächen und günstige Gewerbesteuerhebesätze: Herzlich willkommen. Aber die große Politik schwächt den ländlichen Raum hier ohne Grund bewusst.
Refinanzierung der Einrichtungen
Die Einrichtungen strahlen ins Umland: VHS, Schwimmbad, Grundschulen, Kindergärten, Sportstätten etc..
Aber wir werden im Stich gelassen:
Nur die Bürger des Mittelzentrums zahlen es.
Schwimmen lernen soll angeblich wichtig sein. Lernen hört sich für mich nach Bildung an. Bildung ist Ländersache. Bekommen wir einen Zuschuss vom Land, z.B. vom Kultusministerium? Nein!
Entwicklung von Flächen
Am ländlichen Raum ist es offenbar wichtig, landwirtschaftliche Flächen zu erhalten. Um die Großstädte herrum ist das offenbar egal. Die Großstädte dürfen ewig wachsen, uns werden von der Regierung keine Flächen außerhalb genehmigt. Nicht nur, dass wir einen Nachteil gegenüber den Städten haben, es werden uns weitere Knüppel in den Weg geworfen.
Und jetzt könnte noch ein Nationalpark kommen: Die Zementierung der Rückständigkeit: Bloß keine Industrieansiedlung ermöglichen, die gutbezahlte Arbeitsplätze bietet. Lebt Ihr am Land bitte mal vom Tourismus mit Mindestlohn- und Saisonjobs. Wenn das der Jugend zu wenig ist, kann sie ja in die Städte ziehen. Super Konzept!
Kommunale Solidarsysteme
Ganz kleine Kommunen bekommen Geld vom kommunalen Finanzausgleich. Wo kommt das Geld her? Von jeder etwas größeren Kommune werden rund 70 € pro Einwohner abgeführt. Gerolzhofen z.B. hat eine Finanzkraft von xxx € pro Einwohner (Finanzkraft = Steuereinnahmen minus Umlagen = das Geld, dass der Kommune bleibt). Das sind bei uns xx%. Neulich war ich in Unterhaching: die haben xxxx € Finanzkraft pro Einwohner, zahlen aber auch nur xx € pro Nase. Die reichen Kommunen finanzieren den Solidarpakt also mit x% Ihrer Einnahmen, die armen Kommunen mit xx%% Ihrer Einnahmen. So sieht Gerechtigkeit aus. Nein, natürlich nicht!
Ihr habt doch die Gewerbesteuer, macht was.
Ja das stimmt, die Gewerbesteuer ist die Steuer der Kommunen. Irgendwie. Unser Kämmerer rechnet uns vor, dass wir von 1 € Gewerbesteuermehreinnahmen 30 Cent für den Haushalt einrechnen können und 70 Cent in Umlagesysteme reingehen.
Aber schauen wir es uns im Detail an, wie die Umlagesysteme in der Praxis aussehen:
Quelle: [2] Bayerisches Landesamt für Statistik
Gerolzhofen hat gute Steuereinnahmen: mit 724 € pro Einwohner sind wir nah beim Durchschnitt von Unterfranken (733 €) und deutlich über dem Landkreis Schweinfurt oder vergleichbaren Mittelzentren wie Volkach und Kitzingen.
Leider sieht es nach den Umlagesystemen nicht mehr so gut aus: Werden im Bezirk im Schnitt 151 € pro Einwohner umgelegt, wird Gerolzhofen 304 € weggenommen und so haben wir pro Bürger nur 420 € zur Verfügung, während es im Bezirk 582 € sind. Wir haben also 162 € weniger als der Durchschnitt. Ohne diese Umlageungerechtigkeit müssten wir uns nicht verschulden!
Quelle: [2] Bayerisches Landesamt für Statistik
Ähnlich wie beim Länderfinanzausgleich kann es auch beim kommunalen Finanzausgleich zu massiven Ungerechtigkeiten kommen, dass diejenigen, die vorher weniger hatten, nach dem Ausgleich mehr haben.
Ebrach verbessert sich von 351 € auf 483 € während Gerolzhofen von 724 € auf 420 € sinkt.
Leider ist die Datenrecherche recht aufwändig: Ich habe die ganzen PDFs der “Statistik Kommunal” https://www.statistik.bayern.de/statistikkommunal/ manuell analysiert, aber bei meiner Stichprobe habe ich keine Kommune gesehen, die weniger Finanzkraft als Gerolzhofen hat. Reiche Kommunen wie Unterföhring (3.224 € Finanzkraft / EW) oder Grünwald (11.676 €) habe ich nicht in die Grafik aufgenommen, das würde die Skala der Grafik sprengen.
Aber man sieht hier – abgesehen von ganz armen Kommunen wie Ebrach – die Umverteilung des Geldes vom Land in die Stadt Würzburg. Und man sieht, dass “niemand” so wenig behalten darf wie Gerolzhofen (bestimmt gibt es Kommunen, die am Ende noch weniger haben, aber von den typischen Vergleichs-Kommunen stehen wir am Schlechtesten da, obwohl wir eine höhere Steuerkraft haben).
Egal ob die Städte größer oder kleiner sind, egal ob reicher oder ärmer: In meiner Stichprobe habe ich keine Kommune gefunden, die nach den Umlagen eine schlechtere Finanzkraft als unsere 420 € hat.
Kommunikation
Schauen wir uns auch mal die Sprache an:
Es wird von der Förderung des ländlichen Raums gesprochen, nicht von der Förderung der ländlichen Bevölkerung. Also soll hier offenbar der Raum, die Fläche der Maßstab sein. Unser Landkreis Schweinfurt hat 841 km² Fläche, die Stadt München 310 km². Möchte man den einen Raum, nämlich den ländlichen Raum fördern, müsste man ihm ja erheblich mehr geben als dem städtischen Raum.
Man erkennt sofort, dass das nur leere Worthülsen sind und der Gegenteil der Fall ist.
Denn natürlich ist der Slogan meiner Partei CSU “Näher am Menschen”, also ist die Stadt München mit 1,5 Mio Einwohnern relevanter als der Landkreis Schweinfurt mit 0,1 Mio Einwohnern.
Aber dann sollte man so ehrlich sein, und nicht den Flächenstaat hervorheben und immer wieder von einer Förderung des ländlichen Raums reden, wenn landesweite Maßnahmen den ländlichen Raum effektiv weiter schwächen und die Großstädte weiter stärken.
Ehrlicher ist schon das Finanzministerium, dass in seinen Dokumenten diese klaren Statements gibt:
„Kommunen, die besonders viel Geld ausgeben, sollen nicht allein aufgrund ihrer faktisch höheren Ausgaben auf Kosten der sparsam wirtschaftenden Kommunen einen höheren Anteil an den Schlüsselzuweisungen erhalten.“
und „Finanzschwache Kommunen werden gestärkt, ohne finanzstarke Kommunen zu überfordern.“
Letztendlich soll es gar nicht so viel Solidarität in den Finanzausgleichsystemen geben und jeder soll für sich selbst verantwortlich sein.
Kultur
In der SZ war zu lesen, das Land Bayern fördert die Oper in München mit 54 Mio € jährlich, das Residenztheater München mit 25 Mio € jährlich usw. [4] Was fließt in den Landkreis Schweinfurt? Wir in Gerolzhofen haben 0,07 Mio einmalig für unser kleines Stadttheater bekommen. Klar, das Wort “klein” ist ja schon im Namen “Kleines Stadttheater” enthalten. Wo kämen wir denn hin, wenn man auf dem Land großes Theater machen wollten.
Ausweis von Gewerbeflächen
In Würzburg durfte das Fachmarktzentrum 500 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt gebaut werden (und geteilt durch eine Bundesstraße), in Gerolzhofen wurde uns ein angefragtes Fachmarktzentrum von der Regierung von Unterfranken nicht genehmigt, weil es 75 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt war und durch eine Bundesstraße geteilt ist.
In Gerolzhofen bekommen wir Probleme, 100.000 m² Industriefläche auszuweisen, weil wir uns am Bedarf orientieren müssen, Schweinfurt hat im Hafen auf Vorrat über 800.000m² Industriefläche erschlossen.
Wir in Gerolzhofen haben nicht mal die Chance, an einem Wettbewerb um Unternehmen teilzunehmen.
Zwischenfazit
Alle reden von der Förderung des ländlichen Raums und lassen sich feiern, wenn mal eine 60%-Förderung oder 80%-Förderung bewilligt oder ein Feuerwehrfahrzeug bezahlt wird, aber gleichzeitig werden die kleinen Mittelzentren im ländlichen Raum systematisch am langen Arm verhungert gelassen.
Nur mal ein Gedankenspiel:
In München wohnen nur 1,5 von 12,8 Mio Einwohner Bayerns. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 hat die CSU in München 43,5% erzielt, im Landkreis Schweinfurt 51,0% erzielt, in Gesamt-Bayern kam man so auf 49,3%. Wenn primär der ländliche Raum CSU wählt, warum fördert die CSU geführte Regierung dann nicht den ländlichen Raum? Wir in Gerolzhofen stellen den CSU-Bürgermeister, in München regiert ein SPD-Bürgermeister.
Warum nicht die Mittel gerechter (!) innerhalb Bayerns verteilen und hier für noch mehr Zufriedenheit sorgen? Selbst politisch müsste es sich rechnen: Wenn in München dann 10 Prozentpunkte weniger CSU wählen, aber auf dem Land 10 Prozentpunkte mehr, dann kommt unterm Strich viel mehr raus, da die Mehrheit der Bayerischen Bevölkerung ja noch außerhalb der Großstädte lebt.
Politische Forderungen
Und jetzt ein paar ganz konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Benachteiligung der Mittelzentren:
Chancengleichheit zwischen Stadt und Land im Wettbewerb herstellen:
Keine unterschiedlichen Einschränkungen beim Ausweis von Gewerbeflächen zwischen Stadt und Land.
Keine unterschiedliche Förderung der Wohnkosten in Städten (Mietpreisbremse, Mittel für sozialen Wohnungsbau)
Ausbau ÖPNV im ländlichen Raum:
Jedes Dorf sollte im 20-Minuten-Takt zum jeweiligen Mittelzentrum angebunden sein. Und eher mehr Buslinien statt mehr Haltestellen auf einer Buslinie, damit es auch eine echte Alternative zum Auto wird.
Jedes Mittelzentrum sollte im 20-Minuten Takt direkt (ohne Zwischenhalte) an die nächsten Oberzentren (im Fall von Gerolzhofen also an Würzburg, Schweinfurt und Bamberg) angebunden werden und direkt (ohne Zwischenhalte) an den nächsten ICE-Bahnhof (also Kitzingen oder Iphofen).
Finanzielle Umschichtungen
Solidarsysteme so umbauen, dass nicht die armen Kommunen die reichen Großstädte finanzieren:
Die 157 Mittelzentren sollten zur Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge finanziell unterstützt werden. 2017 müssen wir z.B. in Gerolzhofen 3 Mio € neue Schulden aufnehmen und finanzieren davon unsere gesamten freiwilligen Leistungen (Schwimmbad, Bücherei, Museum, Jugendhaus, Vereinsförderung, Bürgerfeste, Kinderbetreuung, Erhaltung Bauwerke, usw.). Um hier auch etwas investieren zu können, wäre eine Summe von 3-4 Mio € pro Jahr notwendig, also für Bayern ca. 450 – 600 Mio € pro Jahr. Bayern tilgt (wohl als einziges Bundesland überhaupt) seine Landesschulden. Die Dimension muss sich wohl im Bereich von 500 – 1500 Mio € pro Jahr bewegen. Plus die eingesparten Zinsen https://www.bayernkurier.de/inland/23630-noch-mehr-schulden-abbauen/ http://www.bayern.de/politik/initiativen/bayern-2030-schuldenfrei/
Ich halte das für richtig und wichtig. Aber was bringt es dem Land Bayern, wenn die Landeskasse +- 1000 Mio € Schulden jährlich tilgt, während die Kommunen Schulden aufnehmen müssen, um die Leistungen für die Bürger erbringen können? Würde es nicht reichen, wenn das Land Bayern die Schulden nur halb so schnell tilgt und dafür die Kommunen im Land keine neuen Schulden machen müssen? So ist es nur eine Umverteilung der Kommunen zum Bundesland.
Mehr Kondensationskerne aufs Land
Hochschulen, insbesondere technische Hochschulen, sind hervorragende Keimpunkte für Belebung. Aus der Außenstelle Weihenstephan (früherer Schwerpunkt “Landwirtschaft”) ist heute ein Riesen-Campus mit 5600 Studenten und 1500 Mitarbeitern geworden.
Fazit
Der Beitrag soll nicht weinerlich klingen, ich will nur auf die Konsequenzen hinweisen:
Wenn es offizielle Politik bleibt, den Mittelzentren die Mittel wegzuverteilen und die Schuldenbremse für Kommunen kommt, es also von der Landesregierung erzwungen wird, freiwillige Leistungen wie Schwimmbad, Jugendhaus, Museum, Bücherei usw. einzustellen, dann werden wir uns natürlich danach richten.
Wir tun auf kommunaler Ebene alles dafür, für eine seriöse Refinanzierung zu sorgen, aber es ist eben wie beim Länderfinanzausgleich: Leistung lohnt sich nicht immer. Der Länderfinanzausgleich wurde geregelt, mal sehen, ob das Land Bayern auch leistungsstarke Kommunen mit attraktiver Daseinsvorsorge für die Bürger abseits der Großstädte haben will oder die Landflucht weiter befeuert wird – zumal viele Großstädte bereits heute an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen sind.
Ich möchte eine Diskussion von Facebook wiedergeben, in der ich am Ende die Problematik der Finanzierung öffentlicher Einrichtungen, insbesondere unseres Geomaris, herausgearbeitet habe:
User1
Mich würde mal interessieren was der Stadtrat sich wieder dabei denkt?
Neue Einnahmequelle? Nachdem das Weinfest gescheitert ist?
Wenn die Freibad Saisonkarten abgeschafft werden, was glaubt ihr wohin die Leute dann ausweichen? Da lohnt sich ja dann eine Silvana (Saisonkarte) oder Baggersee.
Da kommen auf Familien und DauerGäste das doppelte, wenn nicht sogar das dreifache an kosten zu.
User2
Das Schwimmbad ist so oder so mega teuer !
User3
Naja so geht dann gleich keiner mehr rein. Ich bin auch nur rein weil es eine Saison Karte gegeben hat. Weil jedes Mal 4€ Nee
Da geh ich dann doch lieber wo anders hin.
User1
Egal wo man Saisonkarten kauft… Das Geld wird dann nicht in geo bleiben.
Arnulf Koch
Guten Abend User1,
als Stadtratsmitglied eine ernst gemeinte Gegenfrage:
Der Betrieb des Schwimmbades kostet knapp 2 Mio € im Jahr und erlöst über Eintritte, Cafeteria und sonstige Erlöse rund 1,15 Mio. €.
Wer glauben Sie, zahlt diese fehlende Differenz aktuell?
Und wenn Sie darüber zu entscheiden hätten: Wer (und warum diese Gruppe) sollte Ihrer Meinung nach diese Differenz zahlen?
Bzw. wie sollte die Aufteilung dieser Summe zwischen den Nutzern des Schwimmbades sein (über Eintritte und Cafeteria) und den Gerolzhöfern, die das Schwimmbad nicht nutzen (über neue Schulden)?
Bonusfrage: In wenigen Jahren kommt die Schuldenbremse für Kommunen, dann darf die Stadt keine neuen Schulden mehr aufnehmen. 2017 müssen wir voraussichtlich 2,9 Mio € neue Schulden aufnehmen. Und wenn Sie darüber zu entscheiden hätten: Wo und wie würden Sie 2,9 Mio € einsparen?
Ich nehme das gerne als Impuls für meine Stadtratsarbeit.
Viele Grüße,
Arnulf Koch
User1
Herr Koch,
ich bin froh nicht darüber entscheiden zu müssen. Sonst wäre ich in der Politik.
Fakt ist, dass können Sie bestimmt auch aus den ganzen Kommentaren herauslesen. Dass die Schwimmbad Besucher damit nicht einverstanden wären. Wie sich nun der Stadtrat entscheidet, werden wir sehen.
Mir stellt sich nur die Frage, ob dieser Bescheid nicht nach hinten los geht?
Sie wollen mehr Umsatz machen, um die Schulden zu decken. Schön und gut.
Ich glaube aber, das Volk wird das nicht unterstützen.
Liebe Grüße
Arnulf Koch
Hallo User1,
ich entnehme bisher dieser Diskussion folgende Impulse für meine Stadtratsarbeit:
Es ist vielen Diskussionsteilnehmern nicht wert, ein Schwimmbad am Ort zu haben. Der Baggersee als Freibadersatz und das Schwimmbad im nächstgrößeren Ort als Hallenbadersatz tun es genauso.
Interessant, dass Sie das Volk und nicht die Gerolzhöfer Bürger als Maßstab für die Arbeit nehmen. Aber nicht mal Dingolshausen beteiligt sich am Schwimmbad-Unterhalt (profitiert aber davon).
Es sind ausschließlich die Gerolzhöfer Bürger und niemand anderes, die Jahr für Jahr 0,8 Mio € Schulden aufnehmen, damit die Bevölkerung billig ins Geomaris gehen kann.
Ignorieren wir mal, dass wir in spätestens 3 Jahren keine Schulden mehr aufnehmen können und dann das Kartenhaus eh zusammenbricht (wenn die große Politik die Regeln nicht doch noch ändert, aber im Ruhrgebiet, z.B. in Essen, kann man ja sehen, wie schnell auch in Westdeutschland die Infrastruktur kaputt geht, wenn kein Geld mehr da ist).
Gehen wir mal davon aus, dass wir unsere freiwilligen Ausgaben weiter über neue Schulden refinanzieren können.
Auch hier gibt es Schuldenobergrenzen die wir nur aufnehmen dürfen und an diesen Grenzen bewegen wir uns gerade.
Und um dieses Schulden-Geld der Gerolzhöfer Bürger konkurrieren die Gerolzhöfer Bürger ja jetzt schon.
Denn wir können davon entweder das Stadtbild aufhübschen (Pflege von Grünanlagen, Bepflanzung Kreisel, Pflege und Aufbesserung Allee, Verbesserung Kinderspielplätze, Müll von Plätzen entfernen etc.), oder wir können Feste veranstalten (ein Weinfest macht/kostet unterm Strich 30.000 € Verlust, Bamberg hat die Sandkerwa wegen 8.000 € Verlust und Ausblick auf 20.000 € Verlust abgesagt), oder wir können kostenlose Kinderbetreuung anbieten oder wir können Straßen ausbessern.
Die Ausbesserung einer kleinen Straße ist ein schönes Beispiel, da es die Stadt auch rund 800.000 € kostet, genausoviel wie der Betrieb des Schwimmbades: Im Moment ist die Abwägung, dass wir jedes Jahr auf die Ausbesserung einer Straße verzichten (ich glaube, jeder Gerolzhöfer kann aus dem Stand 5 Straßen aufzählen, die eine neue Asphaltschicht nötig hätten) und dafür die Leute für 8 € statt 20 € ins Geomaris lassen (bzw. die Dauerkarte für 360 € statt 1000 €).
Aber dafür verzichten die Gerolzhöfer, die das Geomaris nicht nutzen, auf die Grünpflege der öffentlichen Flächen im Umkreis ihres Hauses und sie verzichten auf die Ausbesserung der Straßen, z.B. holen sie dafür Ihre Kinder von Realschule/Gymnasium über eine Holperpiste ab.
Das ist der Trade-off für die subventionierten Eintritte.
Spannend wird es, wenn wir 2020 keine Schulden mehr machen dürfen. Denn wenn wir jetzt keine Weichen stellen, die Defizite der Einrichtungen zu senken, wird dann die Entscheidung nicht lauten: “Behalten wir Weinfest ODER Geomaris”, sondern wenn so ein Haushaltsjahr wie 2017 wäre, würde die Entscheidung lauten “Wir schließen das Geomaris (800.000 €) UND stellen die Grünpflege ein (100.000 €) UND schließen die Bibliothek (150.000 €) UND machen kein Weinfest (30.000 €) UND werden auf absehbare Zeit in gar keine Straße mehr investieren (800.000 €). Dann hätten wir schon mal 1,9 von 2,9 Mio € eingespart. Die letzte Mio € würde dann aber wirklich schwer, weil man sie über Kleinkram holen muss: Einsparung Vereinsförderung (20.000 €) Einsparung Städtepartnerschaft (5.000 €), Einsparung Jugendhaus (50.000 €)… usw, da dauert es lange, bis man auf 1 Mio € kommt”.
Ich sehe die Argumentation vieler Mitdiskutanten so: “Ist mir doch egal, ob Gerolzhofen in 3 Jahren den Bach runter geht, ich will heute günstige Schwimmbadeintritte.”
Ich finde interessant, dass die Bevölkerung lieber 3 € Eintritt für ein fremdes Schwimmbad plus 17 € Anfahrt zahlt, anstatt 6-12 € Eintritt in ein eigenes Schwimmbad zahlt, dass sie selbst finanziert haben.
Nach krasser wird die Rechnung bei Nutzung einer Jahreskarte, die sich ja erst bei wöchentlicher Nutzung lohnt: Die Mitdiskutanten verfahren also lieber 52×17€ = 884 € Sprit (plus fremde Eintritte), als für 800 € ins eigene Schwimmbad zu gehen.
Bei solchen emotionalen Entscheidungen der Bürger ist es als Stadtrat schwer, rationale Entscheidungen zu treffen.
Aber ich möchte auch nicht zwischen Bürgern und Stadträten trennen, denn alle Stadträte sind ja Bürger Gerolzhofens, die ehrenamtlich versuchen, die besten Entscheidungen für das Gemeinwohl aller Gerolzhöfer zu treffen.
Am Montag werden die Gebühren beschlossen. Ich möchte nur kurz darlegen, wie wir Stadträte uns damit beschäftigt haben: Wir haben uns zwischen den Fraktionen 3x 3h getroffen, wir haben innerhalb der Fraktion 10h alleine und 3h gemeinsam die verschiedenen Aspekte bewertet und haben uns dann noch mal mit anderen Stadträten knapp 4h getroffen um hier eine gute Linie zu finden. Von mir und den meisten anderen Stadträten sind also je über 25h intensive Arbeit – außerhalb der Stadtratssitzungen, komplett ehrenamtlich, komplett unbezahlt – in das Thema Geomaris-Gebühren geflossen (und mit einem ähnlichen Aufwand bereiten wir den Haushalt vor oder überprüfen die Ausgaben in der Rechnungsprüfung).
Natürlich wissen wir, dass wenn wir die Preise hochschrauben, noch weniger Besucher kommen. Natürlich wissen wir um die sozialen Aspekte und die sind auch alle berücksichtigt. Ich glaube, wir haben einen sehr guten Kompromiss gefunden. Lassen Sie sich am Montag überraschen!
Ich finde es nur etwas schade, dass die Würdigung dieser Arbeit auf “Mich würde mal interessieren was der Stadtrat sich wieder dabei denkt?” reduziert wird.
Ich habe versucht, hier ein paar meiner Gedanken transparent zu machen, und wer sich wirklich dafür interessiert, was der einzelne Stadtrat sich wieder dabei denkt: ich veröffentliche es regelmäßig in meinem Blog unter http://blog.arnulf-koch.de/category/politik/stadtrat/
Viele Grüße,
Arnulf Koch
Bitte nutzt unser Schwimmbad, denn Ihr bezahlt es, egal ob ihr es nutzt oder nicht!
Am 06.03.2017 wurde der Haushalt der Stadt Gerolzhofen für das Jahr 2017 beschlossen. Hier meine Rede für die CSU-Fraktion:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wozniak,
sehr geehrter Herr Kämmerer Borchardt,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Haushalt 2017 zwingt uns von außen eine hohe Neuverschuldung auf.
Der Bescheid vom Finanzamt auf Gewerbesteuerrückzahlung in Höhe von rund 2 Millionen war für mich ein Schock. Dachte ich zu dem Zeitpunkt, das steigende Geomaris-Defizit wäre beherrschbar, bedeuten jetzt 2 Millionen Euro Gewerbesteuerrückzahlung “mal eben” 2 Millionen zusätzliche Neuverschuldung.
Somit finanzieren wir 2017 sämtliche freiwillige Leistungen über Neuverschuldung.
2020 kommt die Schuldenbremse für Kommunen, dann ist das nach jetzigem Stand nicht mehr möglich. Viel Zeit ist nicht mehr, die Finanzen solider aufzustellen.
Gerolzhofen hat 20 Jahre lang über seine Verhältnisse gelebt, und jetzt holt es uns ein:
Zuerst wurde es kaschiert durch die Gewinne der Stadtwerke. Doch offenbar haben sie nicht ausgereicht, also wurde dieses Tafelsilber verscherbelt. Der Erlös wurde nicht gesichert, sondern Jahr für Jahr aufgebraucht, bis man irgendwann bei 0 angekommen war.
Dann begann die Zeit der Schulden.
Doch wir haben alles liebgewonnen. Unsere ganzen tollen Einrichtungen. Unser hervorragendes Schwimmbad. Unser kostenloses Weinfest. Jahr für Jahr wird alles etwas teurer. Immer nur ein bisschen. Wie der Frosch, der in einen Topf Wasser gesetzt wird, das langsam erhitzt wird, merken wir nicht deutlich, wann wir zu kochen anfangen.
So steigt 2017 die Verschuldung um 27% und wir schauen gelähmt auf die Folgejahre, in denen alles besser werden soll.
Wenn es nicht besser wird, müssen wir weitere schmerzhafte Entscheidungen treffen. Die Eintrittsgebühren des Weinfests waren ein Vorgeschmack. Noch nie wurde eine Stadtratsentscheidung auf Facebook so stark diskutiert. Auch die Geomaris-Sanierung hat riesiges Engagement hervorgerufen. So viele Unterschriften aus Gerolzhofen gab es noch nie. Nur fehlt dann die Konsequenz: Wenn alle ein Schwimmbad fordern und es dann offenkundig nicht in dem Umfang wie früher nutzen, haben wir ein Problem, wenn die Stadt quasi ihren gesamten Handlungsspielraum ins Geomaris steckt.
Gerolzhofen hat eine Finanzkraft von rund 420 € pro Einwohner, also die zur Verfügung stehenden Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen nach Abzug aller Umlagen. Davon geben wir 830.000 € = 119 € pro Einwohner = 28% unserer Finanzkraft alleine für unser Schwimmbad aus.
Den Prozentsatz müssen wir verringern. Entweder im Zähler – also das Defizit verringern – und/oder im Nenner – also unsere Finanzkraft stärken.
An beiden werden wir arbeiten. Über Geomaris-Eintritte entscheiden wir die nächsten Wochen und für Einnahmesteigerungen können wir am variablen Anteil der Steuern, nämlich der Gewerbesteuer arbeiten.
Gewerbesteuereinnahmen
Ist der Haushalt unser Zeugnis, müssen wir nicht nur da ansetzen, eine Note 5 – z.B. das Geomaris-Haushaltsdefizit – zur Note 3 zu verbessern, sondern auch da hinein investieren, eine Note 3 – z.B. die Gewerbesteuereinnahmen – in Richtung Note 1 zu pushen. Also unsere Stärken stärken.
Wir haben Einfluss auf unsere Gewerbesteuereinnahmen. Wir können mehr Gewerbeflächen ausweisen. Wir können unsere Gewerbeflächen aktiv bewerben. Wir können daran arbeiten, neue Unternehmen in Gerolzhofen anzusiedeln und die bestehenden Unternehmen zu stärken.
Und je mehr Unternehmen wir in Gerolzhofen haben, um so weniger anfällig werden wir für Schwankungen und einzelne Gewerbesteuerrückerstattungen.
Hier sehe ich für meine Stadtratsarbeit den Hauptansatzpunkt. Daher auch mein starkes Engagement im Wirtschaftsarbeitskreis.
Positive Dynamik
Wo ist die Hoffnung?
In unserer Stadt ist viel Dynamik. Überall ist Aktivität. Überall wird gebaut.
Im Osten entstehen im Wohngebiet TV-Platz nach Jahrzehnten Verhandlungen die ersten Häuser.
Im Süden hat dieser Stadtrat sein erstes selbstgeplantes Wohnbaugebiet realisiert, und auch hier entstehen die ersten Häuser.
Im Norden haben wir unsere Gewerbegebiete, und hier entstehen ebenfalls neue Gebäude. Im Gewerbegebiet “An der Mönchstockheimer Straße” haben wir große Flächen erschlossen und können in die Vermarktung starten. Und davor eine topmoderne Supermarktanlage, die nicht nur die Nahversorgung Rüghofens verbessert, sondern viele Fahrten der Gerolzhöfer nach Schweinfurt und Volkach obsolet machen wird und gleichzeitig Kaufkraft aus dem Umland, insbesondere dem Steigerwald, nach Gerolzhofen zieht.
Auch im Gewerbegebiet “An der Alitzheimer Straße” wurden weitere Grundstücke gekauft, auch hier wird es Dynamik durch neue Ansiedlungen und neue Arbeitsplätze in Gerolzhofen geben.
Das muss unser Rezept zur Stärkung unserer Finanzen und unserer Stellung als Wirtschaftsstandort sein. Es ist absehbar, dass die Einpendler auch in den Folgejahren steigen werden, und wir werden nach und nach Einpendler zu Bürgern machen.
Und den Bürgern liefern wir auch immer mehr. Im Süden hat sich ein Ärzte- und Gesundheitszentrum etabliert. Schließen im ländlichen Raum immer mehr Arztpraxen, ist die medizinische Versorgung in Gerolzhofen sichergestellt.
Dank
Zum Ende meiner Rede möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Stadt und Verwaltungsgemeinschaft für ihre gute und engagierte Arbeit danken. René Borchardt leistet wie immer top Arbeit als Kämmerer, jongliert mit den Zahlen und Haushaltspositionen und genießt unser volles Vertrauen.
Von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchte ich dieses Jahr Georgine Bachmann besonders hervorheben, unsere Leiterin der Volkshochschule. Seit Jahren unterschreitet sie stets die Ansätze der VHS, und auch die von Ihr bestens betreuten Kulturtage fallen im Haushalt nicht auf. Sie leistet hervorragende Arbeit, und ich möchte mich bei Ihr stellvertretend bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für ihren Einsatz und ihr Engagement bedanken.
Fazit
Wir – die CSU Stadtratsfraktion – sehen der Dynamik und den Chancen unserer wachsenden Stadt weiterhin so positiv entgegen, dass wir voll hinter dem Haushalt stehen können.