In den letzten 8 Tagen haben wir vom Rechnungsprüfungsausschuss 12 Stunden lang den Haushalt der Stadt Gerolzhofen geprüft.
Heute bin ich mit dem Kämmerer sehr tief in das Thema „Berechnung der Einkommenssteuerumlage“ eingestiegen. Das ist noch vor der Gewerbesteuer, Grundsteuer, Umsatzsteuerumlage etc. der größte Einnahmeposten in Gerolzhofen.
Kurz: Je mehr steuerzahlende Einwohner Gerolzhofen hat, desto mehr Geld bekommt Gerolzhofen zum Erfüllen seiner Aufgaben.
Die grobe Berechnung ist sehr einfach, im Detail aber gar nicht so leicht nachzuvollziehen.
15% der Einkommenssteuer bekommen die Gemeinden, 85% werden zwischen Land und Bund aufgeteilt.
Von diesen 15% bekommt eine Gemeinde umso mehr Umlage, umso höher das Einkommensteueraufkommen in der Gemeinde ist. Eine 6700-Einwohner-Gemeinde mit viel Einkommensteueraufkommen bekommt mehr Geld als eine 6700-Einwohner-Gemeinde mit wenig Einkommensteueraufkommen.
Um das nachzuvollziehen, sind wir in das Detail eingestiegen um herauszufinden, wie stark dieser Hebel ist.
Damit das nicht zu ungerecht wird, werden Einkommen über 35.000 € pro Person bzw. 70.000 € pro Ehepaar nicht berücksichtigt sondern auf diese Werte gedeckelt. Dazu berechnet das „Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung“ einen „fiktiver Beteiligungsbetrag pro Einwohner“.
Auf den ersten Blick ist das eine Black Box. Wir haben es nachgerechnet, aber man hat gar nicht alle Informationen. Ich werde morgen mal beim „Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung“ anrufen ob man an Vergleichsdaten für den diesen zentralen Faktor „fiktiver Beteiligungsbetrag pro Einwohner“ bekommt.
Ein zweiter nivellierender Faktor ist die Deckelung des „fiktiver Beteiligungsbetrag pro Einwohner“ nach unten auf mind. 32,5% des Landesdurchschnittes sowie der generelle Abzug von 17,5%. Umgedreht bekommt man dadurch einen leichten Hebel nach oben für relativ reiche Gemeinden.
Beispiele:
25% vom Landesschnitt: 32,5% Anteil
50% vom Schnitt: 32,5% Anteil
75% vom Schnitt: 57,5 % Anteil
100% vom Schnitt: 82,5 % Anteil
150% vom Schnitt: 132,5 % Anteil
200% vom Schnitt: 182,5 % Anteil
Die Frage ist, welche Werte relativ zum Landesdurchschnitt der „fiktiver Beteiligungsbetrag pro Einwohner“ erreichen kann. Bisher habe ich nur [2] gefunden, da wird die „Steuerkraft je Einwohner“ ausgewiesen, die noch andere Umlagen und Steuereinnahmen beinhaltet.
Als „Steuerkraft je Einwohner“ habe ich in [2] für 2012 gefunden:
Gerolzhofen: 597 € / Einwohner
Um es einzuordnen hier einige willkürliche Vergleichswerte:
Bayern: 787 € / Ew.
Unterfranken: 792 € / Ew.
Gemeinden mit 5000-10000 Ew.: 706 € / Ew.
Dingolshausen: 405 € / Ew.
Grafenrheinfeld: 1.960 € / Ew.
Schweinfurt 1.133 € / Ew.
Würzburg: 730 € / Ew.
München: 1.186 € / Ew.
Grünwald: 11.082 € / Ew. (auf den ersten Blick Spitzenreiter in Bayern, aber das ganze Gebiet südlich von München ist gut dabei)
Mal sehen, ob ich das auch für den „fiktiver Beteiligungsbetrag pro Einwohner“ rausbekomme.
Sich in sowas reinzufuchsen macht mir ziemlich Spaß
Weiterführende Infos:
[1] Erklärung: http://www.bezirk-oberpfalz.de/Portaldata/1/Resources/03_bezirk_verwaltung/finanzen_2014/stmug_app000018.pdf
[2] Vergleichszahlen: https://www.statistik.bayern.de/veroeffentlichungen/epaper.php?pid=41660&t=1
Update 16:27 Uhr:
So, ich habe diverse Tabellen gewälzt. Laut Landesamt für Statistik wurde die aktuelle Schlüsselzahl 2012 berechnet mit Steuerdaten von 2010 und Einwohnerzahlen von 2007. Ich habe probiert die Daten zu recherchieren und in die Formeln eingesetzt. Bei den Einwohnerzahlen habe ich 2008 genommen, bei der Steuergrundlage könnte es evtl. auch kleine Fehler geben und ich habe abgerundet. Daher könnten die Zahlen ab der 2. oder 3. Ziffer ungenau sein.
In der Formel sind ja Elemente drinnen, die Ungerechtigkeiten ausbremsen sollen, auch ich glaube, die Berechnung ist kompliziert, weil hier eine Umverteilung von den Armen zu den Reichen Städten stattfindet.
Beispiele, was eine Stadt bekommen würde, wenn die Einkommenssteuerumlage rein über die Einwohner verteilt würde und was am Ende die Stadt tatsächlich abbekommt:
Gerolzhofen: 3,4 Mio € -> 2,3 Mio €
Dingolshausen: 0,6 Mio € -> 0,2 Mio €
Grafenrheinfeld: 1,7 Mio € -> 4,3 Mio €
Schweinfurt: 28 Mio € -> 55 Mio €
München: 695 Mio € -> 1389 Mio €
Grünwald: 5,7 Mio € -> 48 Mio €
Tatsächlich findet hier eine Umverteilung von den armen Städten zu den reichen Städten statt.
Das sind die Werte für einzelne zufällig ausgewählte Städte (Einwohnerzahl von 2008):
[1] -> Anteil an der Einkommenssteuer, wenn es rein nach den Einwohnern ginge
[2] -> Fiktiver Beteiligungsbetrag pro Einwohner
[3] -> Betrag pro Einwohner nach Korrekturfaktoren
[4] -> Multipliziert mit den Einwohnern tatsächlich an die Gemeinde ausgeschütteter Betrag
Gerolzhofen (6.610 Einwohner):
[1] -> 3,4 Mio €
[2] -> 448 €
[3] -> 357 €
[3] -> 2,3 Mio €
Grafenrheinfeld (3.381 Einwohner)
[1] -> 1,7 Mio €
[2] -> 1.392 €
[3] -> 1.300 €
[4] -> 4,3 Mio €
Dingolshausen (1.232 Einwohner)
[1] -> 0,6 Mio €
[2] -> 109 €
[3] -> 170 €
[4] -> 0,2 Mio €
Schweinfurt (53.588 Einwohner)
[1] -> 28,0 Mio €
[2] -> 1.126 €
[3] -> 1.035 €
[4] -> 55,4 Mio €
Würzburg (133.501 Einwohner)
[1] -> 69,9 Mio €
[2] -> 790 €
[3] -> 698 €
[4] -> 93,2 Mio €
München (1.326.807 Einwohner)
[1] -> 695 Mio €
[2] -> 1.139 €
[3] -> 1.047 €
[4] -> 1.389 Mio €
Grünwald (10.939 Einwohner)
[1] -> 5,7 Mio €
[2] -> 4.552 €
[3] -> 4.461 €
[4] -> 48,7 Mio €