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Waldpflege: Der 6:3-Kompromiss

Ergänzend zu der Berichterstattung der Main-Post (Gespalten, Einigkeit bei den Holzrechten, Intensive Aussprache am späten Abend, Bitte um eine verlängerte Frist) möchte ich einige Fakten und Sichtweisen Gerolzhofens darstellen (zu mindestens der Gerolzhöfer Stadtratsmehrheit).

Gemeinsames Eigentum

Mir war es vorher nicht bewusst: Es ist wirklich ein gemeinsamer Bürgerwald, die Flurnummern gehören nicht Gerolzhofen ODER Dingolshausen sondern im Grundbuch ist eingetragen Gerolzhofen UND Dingolshausen mit dem Verhältnis Gerolzhofen:Dingolshausen 401:78 oder auf 100% runter gebrochen bedeutet das 84%:16%.

Ausschnitt von Grundbuch:

Grundbuchauszug

Netter Zufall: Die Einwohnerzahlen im aktuellsten Statistik-Kommunal vom Bayerischen Landesamt für Statistik von 2011 lauten: 6701:1274 oder in Prozent: 84%:16%. Waldeigentumsverhältnisse und Einwohnerverhältnisse sind heute also absolut identisch.

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Die Aufgabe

Aufgabe ist es einen neuen Zweckverband zu gründen. Die inhaltlichen Fragen sind geklärt, letztendlich geht es nur noch um die Stimmverteilung der Verbandsversammlung.
Die Rahmenbedingungen sind:

  1. Die Verbandsversammlung soll nicht zu groß werden, deutlich mehr als 10 Sitze will niemand.
  2. Da jede Kommune mindestens einen Sitz haben muss, kann sie auch nicht zu klein sein.
    Gleichzeitig möchte Dingolshausen seine bisherigen Waldpflege-Mitglieder wieder in den neuen Zweckverband entsenden, also sollte Dingolshausen auf jeden Fall zwei Sitze erhalten.
    Und die Bürgermeister als Rechtsvertreter der Eigentümer sollen dem Zweckverband angehören, also evtl. drei Sitze für Dingolshausen
  3. Als demokratisch gewähltes Gremium sollten sich die Eigentumsverhältnisse in der Verbandsversammlung wiederspiegeln.
  4. Jede Kommune muss die Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger wahren.
  5. Gerolzhofen und Dingolshausen sollen sich selbst auf eine Satzung einigen, ansonsten wird das Landratsamt eine „Zwangssatzung“ vorgeben. Es ist davon auszugehen dass sich die Sitzverteilung in einer „Zwangssatzung“ am Eigentumsverhältnis orientieren wird.

Der erste Ansatz wäre eine Aufteilung von 10:2 Sitzen. Dies entspricht (genauso wie 5:1 oder 15:3) einem Verhältnis von 83%:17%. Es gibt keine andere Sitzverteilung die so nahe an die Eigentumsverhältnisse rankommt als 10:2 (oder 5:1 oder 15:3) und die Rundungsfehler sind zugunsten des kleineren Partners. Eigentlich die ideale Lösung.

Die Instruction

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Die aktuelle Waldpflege hat ihre Satzung „Instruction“ aus dem Jahr 1862 und im neuen Zwecksverbands-Satzungsentwurf wird auf noch ältere Regularien hingewiesen, z.B. den Grenzbegang seit 1557. Unser Wald hat also Traditionen. Eine andere Tradition ist die bisherige Zusammensetzung des ehem. Waldpflegeausschusses mit 5 Sitzen, 3 aus Gerolzhofen und 2 aus Dingolshausen, also 60%:40%.

Es ist nachvollziehbar, dass Dingolshausen auf eine Sitzverteilung pocht, die der Gemeinde Dingolshausen aus dieser Historie kommend ein stärkeres Gewicht einräumt als die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse hergeben.

Jetzt kann man argumentieren, dass die alte Waldpflege keinen Rechtsstatus mehr hat und nichts mit dem neuen Zweckverband zu tun hat. In den neuen Zweckverband bringen die beiden Kommunen ihr Eigentum neu ein.

Oder man kann argumentieren, dass sich seit der Instruction von 1862 die beiden Kommunen unterschiedlich entwickelt haben. Im Statistik-Kommunal findet man auch historische Einwohnerzahlen. Am nähesten dran ist der Stichtag 01.12.1871 mit 2194:820 Einwohnern. Damals war Gerolzhofen nur 2,6x so groß wie Dingolshausen und so eine Sitzverteilung war vielleicht noch nachvollziehbar. Heute ist Gerolzhofen 5,1x so groß wie Dingolshausen und erfordert eine andere Zusammensetzung. 150 Jahre sind eine lange Zeit.

Aber niemand will Dingolshausens Anteil in der neuen Verbandsversammlung auf die Eigentumsverhältnisse oder Einwohnerverhältnisse zusammenschrumpfen. Wir wollen die erfolgreiche und partnerschaftliche Arbeit am Wald fortsetzen.

Die Aufgabe ist es nun zwischen den Wünschen Dingolshausens mit 60%:40% und den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen 84%:16% einen Kompromiss zu finden.

Wie funktionieren Kompromisse?

Wie funktionieren Kompromisse? Man trifft sich in der Mitte. Das wäre 72%:28%.
Hier wären bei 2 Dingolshäuser Mitgliedern 6:2 (75%:25%) oder 5:2 (71%:29%) die nähsten Sitzverteilungen oder bei 3 Dingolshäuser Mitgliedern 8:3 (73%:27%) oder 7:3 (70%:30%) Sitzverteilungen die einen guten Kompromiss darstellen.

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Warum scheitert dann ein 6:3-Vorschlag?

Wir haben in Gerolzhofen zu offen diskutiert und bereits sehr stark auf die Bedürfnisse Dingolshausens Rücksicht genommen und in unserer Sitzung am Mo. 07.12.2015 primär über Dingolshausen Interessen diskutiert als über unsere.

Anstatt mit einem 10:2 oder als Entgegenkommen 9:2 oder 8:2 in die Verhandlung zu gehen (wurde von der SPD in Form von 4:1 eingebracht, im Nachhinein wäre das eine gute Positionierung gewesen), sind wir bereits am Montag weit über einen für Gerolzhofen guten Kompromiss von 8:3 oder 7:3 hinweggegangen und haben am Ende das Verhältnis 6:3 (67%:33%) vorschlagen.

Ich sage für mich: „Ein 2/3 zu 1/3-Verhältnis ist das Äußerste, was ich als von den Gerolzhöfer Bürgerinnen und Bürgern gewählter Vertreter für das Gerolzhöfer Eigentum verantworten kann.“

Die Bewegung

Hat sich Gerolzhofen bereits von 84%:16% auf 67%:33% bewegt war der Dingolshäuser Vorschlag am Ende die Verteilung von 3:2 (60%:40%) auf 5:3 (63%:38%) zu verändern. Während wir unseren Anteil von uns aus um 30% reduziert haben (84% zu 67%) sah Dingolshausen als weitestes Entgegenkommen eine Reduzierung Ihres Anteils um absolut 2 Prozentpunkte oder relativ 5% (von 40% auf 38%, wohlgemerkt bei 16% Eigentumsanteil) und hat das als guten Kompromiss und weites Entgegenkommen verkauft. Dabei haben wir uns 6x so weit bewegt.

So sehen die diskutierten Vorschläge aus, die sich natürlich alle innerhalb des Gerolzhöfer Eigentumanteils abspielen:

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Sind wir wirklich weit entfernt?

Auch 33% (6:3) und 38% (5:3) liegen nicht so weit entfernt, ist 6:3 wirklich nicht vorstellbar für Dingolshausen?
Und 6:3 hat einen weiteren Vorteil: Von allen denkbaren Konstellationen hat 6:3 die geringste prozentuale Abweichung zum historischen ratischen Schlüssel zwischen Gerolzhofen und Dingolshausen. Also auch hier bildet 6:3 die Tradition am besten ab.

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Wie geht es weiter?

Beide Seiten (Gerolzhofen und Dingolshausen) sollten in den nächsten Wochen den echten Kompromiss 8:3 (73%:27%) oder 7:3 (70%:30%) diskutieren. Und sich dann vor dem Hintergrund sich doch noch mal das alte Angebot 6:3 (67%:33%) anschauen.

Und vielleicht doch mal in der Grafik anschauen ob 6:3 wirklich so weit vom bisherigen Konstrukt weg ist.

Das ist eine gute Lösung für beide Seiten. Niemand verliert sein Gesicht. Alle Mitglieder des ehem. Waldpflegeausschusses können in dieser Versammlung weiterarbeiten, die Bürgermeister sind on Top gesetzt und es entspricht der Entwicklung der Gemeinden der letzten 150 Jahre und ist eine gute Basis für die nächsten 150 Jahre Waldpflege.

 


Diesen Beitrag ausdrucken / herunterladen: 2015_12_12_Waldpflege_Gerolzhofen_Dingolshausen.pdf

Alle möglichen Sitzverteilungen in schwarz/weiß zum ausdrucken: Visualisierung-Sitzverteilungen-sw2.pdf

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