In der zusammenfassenden Berichterstattung ist diese Verkürzung noch akzeptabel, aber der hinter meiner Aussage stehende Gedanke war und ist mir wichtig, daher will ich ihn hier noch mal wiedergeben:
Um das Eintreiben ging es mir nicht. Meine Aussage war sinngemäß, dass hier eine Umverteilung von der kommunalen Staatsebene zum Bund und zum Land hin stattfindet, obwohl Bund und Land im Geld schwimmen, keine neuen Schulden aufnehmen, sogar ihre Schulden zurückzahlen, während uns in den Kommunen das Wasser bis zum Hals steht.
Aber gerade wir Kommunen sind es, die die praktischen und erfahrbaren Dienste für den Bürger anbieten. Z.B. haben wir unser Schwimmbad Geomaris für rund 10 Mio € renoviert und mussten ein Großteil über neue Schulden finanzieren. Und jetzt müssen wir bald für weitere Teile unserer Dienstleistungen Umsatzsteuer abführen, also werden hier 16% unserer dann umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen entzogen (oder wir müssen die Preise für den Bürger um 19% anheben) und dieses Geld von den armen Kommunen bekommt das reiche Land oder der reiche Bund. Das habe ich als „absurd“ und „unbefriedigend“ bezeichnet.
Das war der Kern meine Aussage (ich hatte noch ein Beispiel vom Geomaris genannt, da wurde für einen Teil der Leistungen ein höherer Umsatzsteuersatz fällig, wir haben ihn bisher nicht auf die Eintrittspreis umgelegt, also erhöht sich das Betriebsdefizit entsprechend. Wir haben die Mehrkosten, was in Gerolzhofen meistens 1:1 Mehrverschuldung bedeutet und Bund+Land bekommen das Geld von unseren Schwimmbadbesuchern).
Ich habe gerade mal nachgeschlagen, wie die Umsatzsteuer verteilt wird:
53,9 % bekommt der Bund
44,1 % bekommt das Land
2,0 % bekommt die Kommune
Also eine weitere Umverteilung von unten nach oben, während wir als Kommune immer mehr Aufgaben bekommen, für die wir keinen finanziellen Ausgleich bekommen. Z.B. geben wir neuerdings irrsinnig viel Geld für ein Baumkataster aus. Muss halt jetzt gemacht werden und wir als Kommune müssen schauen, wie wir es finanziert bekommen.
PS: Zur Kommune zählen auch der Landkreis, der in Gerolzhofen z.B. die Geomed-Klinik, die Realschule oder die Kompostanlage betreibt: Knapp die Hälfte unserer Einnahmen müssen wir als Kreisumlage abführen, unser Kämmerer hat ausgerechnet, dass wir von 1 Mio € Gewerbesteuermehreinnahmen – eine Steuer, die eigentlich den Kommunen zufließt – nur ca. 35%, also 350.000 €, für unseren Haushalt einplanen können, und den Rest verlieren wir durch die Kreisumlage und durch infolge der Mehreinnahme sinkenden Schlüsselzuweisungen.
Vielleicht habt Ihr es mitbekommen: Über „irgendwelche“ Wege werden komplette Surfprofile von Benutzern erstellt und kommerziell vermarktet.
Es gibt also kommerzielle Anbieter, die eure komplette Browserhistory (incl. allem peinlichem) zum Verkauf anbieten.
Hier hat der NDR mit einer Scheinfirma ein Test-Paket angefordert, und es wurde ihnen mal eben als Auszug aus den Verkäufer-Datenbanken 3 Millionen Profile übermittelt. Wenn diese Händler mal eben so 3 Mio Profile als Testdaten rausschicken können, muss man wohl davon ausgehen, dass sie wohl Profile annähernd aller Internetbenutzer besitzen. http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Nackt-im-Netz-Journalistenprofile-im-Verkauf,nacktimnetz108.html
Wie kann man Surfprofile Personen zuordnen?
Wenn ich als Werbetreibender, Hacker o.ä. auf die Browserinteraktionen Zugriff habe, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, aus den Browserdaten automatisiert die echten Personendaten zu erschließen: weil man sich zum Beispiel in einem Sozialen Netzwerk wie Facebook mit seinem echten Namen anmeldet, oder weil man in Online-Shops seine echte (Liefer- oder Rechnungs-) Adresse eingibt. Schon ist dem Browserverlauf eine echte Person zugeordnet.
Wie kommen Dritte an meinen Browserverlauf?
Es gibt zwei Wege: Den „nackten“ Browserverlauf kann man von außen mit Tracking-Cookies verfolgen.
Der „angereicherte“ Browserverlauf (der auch Inhalte wie eingegebene Daten auslesen kann), kann im Browser mit Addons abgezogen werden. Andere Wege wie gehackte PCs, Viren, aber auch Schutzmodule der Virenscanner will ich hier nicht behandeln.
Fangen wir beim „nackten“ Browserverlauf an.
Wegen des lokalen Bezugs und weil ich zahlender Kunde der Main Post bin, schaue ich mir diese Website mal genauer an. Ich lese sie sehr gerne online, weil es schneller und praktischer ist. Die Webseite ist auch gut gemacht, der Deep-Link zu den Gerolzhöfer Nachrichten http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/gemeinde.=97447-Gerolzhofen/ liefert mir genau, was ich lesen möchte.
Jetzt ist die Frage: Bin ich Kunde der Main Post oder bin ich Produkt für die Werbekunden der Main Post?
Hmmm, die Homepage MainPost.de bekommt bei meinem Aufruf (18.11.2016 17:05 Uhr) offenbar von 8 Parteien Geld oder andere Vorteile, nämlich von mir plus von diesen 7 Werbe- bzw. Trackinganbietern:
Dass mir die Main Post Werbung zeigen will ist OK, und manchmal kann die Werbung auch interessant sein. Aber warum zum Teufel verkauft die Main Post mein Surfprofil an 7 unterschiedliche Unternehmen?
Wessen Interessen stehen da im Vordergrund? Und kann die Main Post überhaupt garantieren, dass dort keine schädliche Software dabei ist? Zumal Werbung neue Werbetracker nachladen kann – und dann auch noch ganz viele andere Skripte und Inhalte von anderen Servern nachgeladen werden, und jeder kann mich tracken.
Schalte ich den Werbefilter aus, greift mein Browser zusätzlich zu mainpost.de noch auf diese 32 Domains zu (18.11.2016 17:15 Uhr):
Jeder dieser 32 Server ist per se erst mal nicht vertrauenswürdig. Denn jeder dieser Server kann Sicherheitslücken haben und neben Trackingfunktionen auch Schadsoftware ausliefern. Viren, Würmer und Verschlüsselungstrojaner werden immer wieder über Werbung ausgeliefert: Wenn ich als Virenprogrammierer 0,30 € für einen Werbeklick zahlen muss, aber dann vom User 500 € fürs Entschlüsseln seiner Daten verlangen kann, ist das doch in Ordnung.
Verkauft nur die Main Post mein Surfprofil? Nein, gerade die großen Medienhäuser tun sich da viel mehr hervor:
Fällt was auf? Immer wieder Google, Facebook und Twitter. Und ob News, Shopping oder Schmuddelsites: Sie wissen ganz genau, was Du machst.
Gibt es überhaupt Seiten, die nicht tracken?
Klar, und man kann es sich auch denken: Die Seiten, die ihre Nutzerdaten nicht verkaufen wollen, tracken sie auch nicht. Hat ja auch nur Nachteile, Tracker einzubauen.
Hier habe ich mal rumgeklickt und wie erwartet waren da keine Tracker aktiv:
wikipedia.org (0)
bundesregierung.de (0)
kk-software.de (0)
gerolzhofen.de (0)
landkreis-schweinfurt.de (0)
Es gibt also noch viele Seiten, die die Privatsphäre der Benutzer achten.
Eher unerwartet, aber dann logisch:
facebook.com (0)
google.com (0)
Den beiden gehört ungefähr jeweils „30% des Internets“, und wie man oben sieht, trackt Google auf fast jeder Seite, und Facebook ist auch ganz oft dabei. Die möchten alle Daten sammeln und keine Daten rausgeben. Also lassen sie natürlich keine fremden Tracker auf ihre Seiten. Doch Facebook weiß natürlich perfekt, was du auf Facebook / Whatsapp / Instagram machst, und Google weiß perfekt, auf was du bei Google / YouTube machst.
Dann muss man wissen, dass der Markt für Onlinewerbung sehr verdichtet ist. Z.B. ist doubleclick.net ein Unternehmen von Google.
Weiter muss man davon ausgehen, dass darunter Werbefirmen sind, die die Benutzerprofile weiterverkaufen. Insbesondere wenn ein Unternehmen insolvent geht, sind die Benutzerprofile das wertvollste in der Insolvenzmasse.
Weiter geht es mit dem „angereicherten“ Browserverlauf, mit den
Browser-Plugins
Es liegt auf der Hand: Wenn man nicht will, dass in ein paar Jahren mal die persönliche Surfhistorie öffentlich im Internet auftaucht, muss man sich schützen. Das geht effektiv nur mit Browser-Plugins wie Werbefiltern.
Das gefährliche an diesen Plugins ist, dass sie vollen Zugriff auf die Inhalte der Webseite haben, also auch in Formulare eingegebene Benutzerdaten auslesen können, und dass sie immer auf jeder Seite aktiv sind. Ein Browser-Plugin kann Euch also vollständig überwachen.
Daher die dringende Empfehlung: Durchforstet regelmäßig alle Eure Browser-Plugins und entfernt alle Plug-Ins, die Ihr nicht zwingend braucht.
Und im uBlock Origin ruhig alle Filter aktivieren. Neben dem massiven Plus an Privatsphäre spart ihr euch einen ordentlichen Teil der Webseitenverbindungen zu all den Werbeseiten und habt als Zusatznutzen ein viel schnelleres Internet. Wenn euch infolgedessen Webseiten nicht reinlassen (wie bild.de oder sueddeutsche.de), dann ist das von deren Seite nachvollziehbar, aber dann muss man konsequent bleiben: Dann besucht man diese Seiten eben nicht.
Hier ein Blick in meine uBlock-Origin-Einstellungen:
Damit habt Ihr in meinen Augen aktuell die beste Browsereinstellung mit einem guten Kompromiss aus persönlichem Schutz und trotzdem einer Teilhabe am modernen Internet und Social Media.
Content kostet Geld!
Aber wenn euch eine Webseite gefällt, vergesst nicht, sie für ihren Content zu bezahlen. Schließt ein Zeitungsabo ab, unterstützt (meist kleine) Webseiten mit Geld über flattr.com oder patreon.com, bucht den werbefreien Premium-Zugang zu Webseiten oder Foren. Contenterstellung kostet Geld und muss bezahlt werden.
Werbung an sich ist nicht negativ
Im Gegenteil: Für alle Beteiligten (Benutzer, werbende Unternehmen und Webseitenbetreiber) kann Werbung stark positive Effekte haben:
Für Benutzer sind sie eine Möglichkeit, auf interessante Produkte hingewiesen zu werden, die sie vielleicht nicht auf ihrem Radar hatten.
Für werbende Unternehmen ist es eine Möglichkeit, Benutzer darauf hinzuweisen, was für tolle Produkte sie haben.
Für Webseitenbetreiber ist es eine Möglichkeit, den Betrieb der Webseite und die Contenterstellung zu refinanzieren.
Aber bitte wie früher, wenn ich eine Zeitschrift am Kiosk gekauft habe: Anonym: Ohne dass alle meine Daten schon beim Überblättern an anonyme Werbezwischenhändler verkauft werden.
Dass heute meine persönlichen Surfdaten für 3 Werbebanner an 7 Datenkraken weitergegeben werden, ist einfach inakzeptabel und solange das der Fall ist, kann man sich nur mit einem Adblocker schützen.
Ich habe den CSU Parteitag 2016 (Hashtag #csupt16) besucht und dabei live getwittert und zwei Videopodcasts gedreht.
Zuerst ein Podcast mit unserem Bürgermeister Thorsten Wozniak während der Antragsberatung. Im Hintergrund sieht man die Abstimmungen:
Dann hatte Doro Bär Zeit für mich:
Und das habe ich getwittert:
Natürlich hatte ich einen gewissen Standards an meine Fotos, ich hoffe, das fällt auf, dass sie sich von Smartphone-Fotos abheben. Ich habe mit der Sony A6300 fotografiert und die Bilder per WLAN aufs Smartphone übertragen und dann getwittert.
Wer sind die Delegierten? Wikipedia schreibt: „Höchstes Organ auf Landesebene ist der Landesparteitag. Der Parteitag besteht aus den Delegierten der Bezirks- und Kreisverbände und tritt mindestens einmal jährlich zusammen. Seine Aufgaben sind insbesondere die Beschlussfassung über die Grundlinien der Parteipolitik, das Parteiprogramm und die Satzung sowie die Wahl und Kontrolle der Funktionsträger auf Landesebene. Die CSU hat einen vergleichsweise niedrigen Delegiertenschlüssel: auf ca. 170 Mitglieder kommt ein Delegierter.“
52.089 Rückmeldungen zur Mitgliederbefragung, immerhin 30% online. Keine signifikant anderen Ergebnisse zwischen Online und Brief. #csupt16pic.twitter.com/xht8DpInyR
Dann die Rede von Horst Seehofer. Leider kam Angela Merkel ja nicht zum Parteitag.
Seehofers Maßnahme für die Zukunft: Bayern als erstes Land komplett schuldenfrei. Incl. Abbau aller Altschulden. Gefällt mir! #csupt16pic.twitter.com/w1zRNyTAKF
Seehofer zur Maut: Somit alle Wahlversprechen der letzten Bundestagswahl gehalten. Ich: Ganz Europa hat eine Maut -> sinnvoll #csupt16pic.twitter.com/qr8RkLQaY6
In der Tat eine Wahrheit: Vergangene Erfolge zählten oft nichts.
Seehofer: Bisherige Erfolge zählen wenig, Menschen wählen die Zukunft und von wem sie sich da Lösungen und Orientierung erwarten. #csupt16pic.twitter.com/rIJ2wYC2wI
Die arme erste Reihe, die Hälfte der Kameras auf sie gerichtet. Eine falsche Reaktion auf Seehofers Rede -> in den Nachrichten. #csupt16pic.twitter.com/2l6KXd5tg3
Was ich interessant an der langen Rede fand, waren die sehr differenzierten Töne in der Rede, die es nicht in die Medien schaffen. Ich habe versucht, zwei davon auf Twitter einzufangen:
Seehofers Kompassnadel: froh um jüdisches Leben in D nach Nazi-Barbarei. Das sind unsere Werte. #csupt16
Seit der Seehofer-Rede (und wohl noch eine Zeit lang) jetzt Abstimmung über Anträge. Das Antragsbuch hat stolze 518 Seiten. #csupt16pic.twitter.com/zslXpECQQz
Der Ausstellerbereich war interessant. Teilweise haben alle beide Seiten ausgestellt, z.B. der Bayerische Apothekerverband die wohl eher gegen Online-Apotheken sind und DocMorris, die wohl mehr Freiheiten für Online-Apotheken möchten.
Interessant ist der Ausstellerbereich beim #csupt16 und man kann ich überall gut vorstellen, was der Aussteller von der Politik will. pic.twitter.com/qMCUgv5Vq9
Am zweiten Tag wurde das neue Grundsatzprogramm diskutiert und beschlossen. In allen Bundesländern erringt die AfD mit plumpen Populismus starke Wahlerfolge und ich kann die CSU-Strategie nachvollziehen, hier auf die AfD-Zielgruppe zuzugehen. Die bisherigen Strategien in anderen Bundesländern sind ja nicht so erfolgreich gewesen.
Umgedreht sehe ich, dass sich bei der Flüchtlingshilfe vor Ort auch sehr viele CSU-Mitglieder und CSU-Wähler aktiv engagiert haben und ich beobachte, dass sie die aktuelle „unchristliche“ CSU-Linie eher verstört und sie viel mehr auf Merkel-Linie sind.
Nachdem in Bayern die CDU nicht antritt, ist wahltaktisch die Frage, ob die CSU mit der Strategie auf der einen Seite mehr AfD-Wähler zurückgewinnt, als sie an der anderen Seite an die Grünen verliert. In Baden-Württemberg haben sich die Grünen unter Winfried Kretschmann ja erfolgreich als wertkonservative Alternative etabliert.
Inhaltlich stört mich am Grundsatzprogramm v.a. die Forderung „soll die Bundeswehr auch außerhalb der Katastrophenhilfe im Innern zum Einsatz kommen können“ -> dafür haben wir die Polizei und wenn sie dafür nicht gut genug ausgestattet ist, dann muss die Polizei besser ausgestattet werden. Zumal die Bundeswehr im Moment weltweit sehr viel zu tun hat und sich auf diese Aufgaben konzentrieren soll (und auch dafür ordentlich ausgestattet werden muss). Siehe auch https://www.tagesschau.de/inland/polizei-bundeswehr-trennung-101.html
Was im Grundsatzprogramm wichtig und richtig ist:
„Bildung ist mehr als Wissen. Bildung heißt nicht nur Lernen, sondern vor allem auch Verstehen. Auf Erwerb und Stärkung von Kompetenzen kommt es an: beim Umgang mit Medien, Daten und Algorithmen ebenso wie bei Sozialkompetenz und kulturellem Verständnis.“
„Die Digitalisierung verändert alles. …. Ein digitaler Aufbruch ist nötig, um beim nächsten Wirtschaftswunder dabei zu sein.“
„Wir wertschätzen die Leistungsträger. Arbeitnehmer, Unternehmer, Selbstständige, Freiberufler und Landwirte: sie alle übernehmen Verantwortung für sich und andere und dienen damit der Gemeinschaft.“
„Wir wollen ein Klima der Gründerfreundlichkeit schaffen und den Gründergeist fördern: Nur wenn wir Neues wagen, können wir Zukunft gewinnen.“
„Leistungsfähige Telekommunikations- und Breitbandverbindungen sind in der Gigabit-Gesellschaft genauso Lebensadern für ein Land wie Verkehrswege, Transportmittel und Stromnetze.“
„Medienkompetenz ist Grundvoraussetzung für soziale, berufliche und gesellschaftliche Teilhabe.“
So, das war der CSU-Parteitag 2016. Ich fand es hochinteressant, das mal live zu erleben: Reden in voller Länge zu hören. Wie umfangreiche Abstimmungen und Diskussionen strukturiert werden. Wie das Außenrum ist. Ich kann jedem nur ein Besuch empfehlen!
Gestern war die erste Ausbildungsmesse in Gerolzhofen, eine super Veranstaltung. Aber auf der Ausbildungsmesse sind Bürgermeister Thorsten Wozniak und ich über die Messe gegangen und haben einen langen CSU-Videopodcast gedreht. Nachdem wir etwas tiefer in das Thema Wirtschaft und Entwicklung eingetaucht sind, haben wir in dem Podcast auch gleich noch unsere 4 Großbaustellen in Gerolzhofen besucht.
In den 19 Minuten besprechen wir Sinn und Notwendigkeit einer solchen Messe, den Einstieg in eine aktive Wirtschaftsförderung in Gerolzhofen und unsere Ideen dazu und in der 2. Hälfte schauen wir uns die verschiedenen Baugebiete an.
0:00 Rundgang um die Ausbildungsmesse
9:14 Fahrt zur Baustelle Rügshofen Lebensmittelgeschäfte
10:42 Fahrt zur Baustelle Gewerbegebiete „An der Mönchstockheimer Straße“
13:16 Fahrt zum Wohnbaugebiet „TV-Platz“
15:44 Fahrt zum Wohnbaugebiet „Nützelbach“
Wie gefällt Euch/Ihnen die Länge von 19 Minuten, die etwas mehr ins Detail geht? Wie gefällt Euch/Ihnen die Selfie-Stick-Perspektive? Sorry für die Windgeräusche, das nächste Mal haben wir hoffentlich Puschel auf den Mikros.
Die CSU veranstaltet gerade eine Mitgliederbefragung, ob sich die CSU für Volksentscheide auf Bundesebene einsetzen soll.
Natürlich. Ich bin für einen politisch aufgeklärten Bürger, der sich aktiv in die Entscheidungsprozesse einbringt, und nichts hört sich besser an als direkte Demokratie durch Volksentscheide:
Der politische Prozess wird belebt,
die Bürgerbeteiligung wird gestärkt
unbeliebte, durchgewunkene Themen wie TTIP können vom Souverän beerdigt werden
So dachte ich teilweise auch, bevor ich im Stadtrat die andere “Politikerseite” kennen gelernt habe.
Entscheidungen leben und verändern sich während der Diskussion
Am Anfang kommt ein Antrag in das Gremium oder in den Volksentscheid. In jedem Fall kann man nur mit JA oder NEIN stimmen. Aber im Gremium wird um Kompromisse gerungen und viele Abstimmungsvorlagen werden angepasst, bevor sie zur Abstimmung kommen. Dieses zentrale Element unserer Entscheidungsfindung, die Kompromissfähigkeit, fehlt im Volksentscheid vollkommen.
Führt die Volksentscheidung zu mehr Politikbegeisterung oder zur Abstumpfung?
Wir ärgern uns, dass die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl von rund 80% vor 20 Jahren inzwischen auf 71% gesunken ist.
Die “superdemokratische” Schweiz hatte bei Ihren letzten Nationalratswahlen 2015 eine Wahlbeteiligung von 48,5% und bei den ganzen Referenden eine durchschnittliche Stimmbeteiligung von 42,8%. Wenn wir eine solch katastrophal niedrige Wahlbeteiligung hätten, würde man das Ende der Demokratie ausrufen, und jetzt sollen solche in der Praxis kaum genutzten Instrumente die Demokratie retten?
Die Wahlbeteiligung beim bayerischen Volksentscheid Nichtraucherschutz lag bei 37,7%. Wenn es wirklich abseits der Populisten beliebt wäre, warum hat das Instrument Volksentscheid dann so geringe Akzeptanz?
Es wird einen Dauerwahlkampf geben
Nicht nur alle 4 Jahre, sondern zu jedem Volksentscheid wird ein Wahlkampf veranstaltet werden. Die Phasen für Sacharbeit werden immer kürzer sein.
Unsere Gesellschaft ist sehr gut ausjustiert
Das Bürgerliche Gesetzbuch von 1896 regelt unser Zusammenleben, das Grundgesetz von 1949 unser Staatswesen. Jede neuere Änderung ist immer komplizierter und umfangreicher. Die einfachen Entscheidungen wurden in den letzten 120 Jahren getroffen, und es bleiben nur immer kompliziertere Entscheidungen übrig, die immer mehr Interessen abwägen müssen. Das erfordert intensive Beschäftigung mit der Materie. Fast immer dreht es sich um Geld, kaum jemand ist Buchhalter; die öffentliche Variante, die Kameralistik verstehe ich jetzt nach 3 Jahren Stadtrat langsam. Ich behaupte, dass sie noch nicht alle Stadträte verstehen, die viel länger dabei sind. Je höher man kommt, desto komplexer werden die Haushalte und um so mehr Einarbeitung benötigt man um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Vieles ist absurd umständlich, z.B. das Vergaberecht, und man kann dutzende Aspekte nennen, die zu “Steuerverschwendung” führen, weil die öffentliche Hand Aufträge vergibt, wie sie Privatpersonen oder Unternehmen nie vergeben würden. Doch wenn man sich intensiv mit der Materie beschäftigt, erkennt man den Sinn hinter jeder Regelung und versteht, warum sie so ist und warum das besser ist als vermeintlich einfachere Regelungen. Das meine ich mit “sehr gut ausjustiert”. Und man sollte sich intensiv mit dem System beschäftigen, bevor man es mal eben am Sonntag mit einer JA/NEIN-Entscheidung einreißt.
Apropos einreißen
Wenn man sich mal die Themen in der Diskussion mal vor Augen führt, werden Volksentscheide werden in der Regel destruktiv eingesetzt: Wir wollen keine Raucher, keine Minarette (Schweiz), keine Ausländer und Flüchtlinge (Schweiz), kein TTIP, keine Stromleitungen, Autobahnen, Bahnschienen, Kälberställe oder Kraftwerke vor meiner Haustür, keinen Bahnhof in Stuttgart usw. Dagegen, Dagegen, Dagegen. Wo bleibt die Gestaltung?
Von einem Brexit aus einer Laune mit den Milliardenschäden für alle Beteiligten will ich gar nicht reden. Und hier hat sich die vierte Gewalt im Staat, die Medien, nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sondern mit falsche Fakten und unterlassenen Nachfragen noch Öl ins Feuer gegossen. Postfaktisches Zeitalter par excellence.
Entschleunigung tut gut, trotzdem ist viel Veränderung möglich
Siehe die Parteigründungen wie Grüne, PDS, WASG, Linke, Piratenpartei und AfD. Wenn ein vorhandenes Defizit nur genug Leidensdruck erzeugt und von den vorhandenen Parteien nicht adressiert wird, bildet sich neue Parteien, die auch ohne große Hürden in die Parlamente einziehen und so für eine Veränderung in der Politik und Gesellschaft sorgen. Die Grünen haben den Umweltschutz etabliert, die Linke stärken die Sozialversicherungen, die Piratenpartei hat die Netzpolitik etabliert und die AfD artikuliert nationale und asylkritische Aspekte. Auch ohne Volksentscheide finden Themen in ausreichender Geschwindigkeit Rückkopplung in der Politik.
Rosinenpickerei statt Demokratie
Unsere Demokratie lebt vom Engagement. In Parteien und offenen Listen kann jeder um Ämter kandidieren und, wenn der Kandidat das Vertrauen der Wähler bekommt, dann alle Aspekte dieser Einheit (Kommune, Land, Bund) entscheiden und miteinander abwägen. Man hat immer das gesamte System und die gesamte Gesellschaft im Auge.
Leider lässt sich feststellen, dass sich immer weniger Bürger für das große ganze System interessieren, sondern sich nur punktuell für die eigenen Interessen in Bürgerinitiativen und Volksabstimmen engagieren. Der Rest ist ihnen egal: “ich gehe zu der einen Volksentscheidung, die mich interessiert und zu den anderen zwei gehe ich nicht”. Das ist die Erklärung für die Wahlbeteiligung von +-40% bei Volksentscheiden. Das empfinde ich als Rosinenpickerei und keine aufgeklärte Demokratie.
Fazit
Je mehr ich über Volksentscheide nachdenke, desto weniger gefallen sie mir.
Daher kann ich diese Fragestellung der CSU-Mitgliederbefragung nur mit NEIN beantworten.
So lautet der Abstimmungstext der CSU-Mitgliederbefragung:
Soll sich die CSU für die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene einsetzen?
[ ] JA
[ ] NEIN
Hintergrund:
In das neue Grundsatzprogramm soll folgender Aspekt aufgenommen werden:
Die CSU möchte künftig auch im Bund das Volk bei grundlegenden Fragen direkt beteiligen. Insbesondere bei nicht zu revidierenden Weichenstellungen und bei europäischen Fragen von besonderer Tragweite soll die Bevölkerung in Abstimmungen entscheiden. Ein Beispiel wäre die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die EU.
Auch das Grundgesetz soll durch Volksentscheid mit Zweidrittel-Mehrheit geändert werden können. Die Bayerische Verfassung kann bereits durch Volksentscheid geändert werden und soll als Vorbild dienen. Der Wesenskern der Verfassung (Ewigkeitsgarantie), der Grundrechte und der föderalen Ordnung ist davon ausgenommen. Ein Beispiel wäre die Aufnahme unserer Leitkultur ins Grundgesetz.
Volksentscheide sollen nur gültig sein, wenn sich ein ausreichender Teil der Bevölkerung beteiligt hat.
BTW: Die Zahlen sollen angeblich von 2014 sein. Da wird Zalando mit 872 Mio € angegeben. Bei Börseninfos finde ich aber für Zalando 2014 einen Umsatz von 2200 Mio € und 2015 schon 2958 Mio € und jetzt 2016 wurden im 2. Quartal alleine 916 Mio € Umsatz gemacht.
Wenn man das grob mal 4 nimmt, könnte man einen 2016er-Zalando-Umsatz von >3500 Mio € erwarten.
Und dann sind da „Mischwarenläden“ wie Amazon, Otto, eBay, Ladenzeile, etc. auch nicht berücksichtigt.
Der Online-Umsatz dürfte also erheblich höher sein und hat gigantische Wachstumsraten.
Und wie jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, fehlt dieser Online-Umsatz anderen Händlern (und ganz nebenbei wird mit den Hersteller-Onlineshop der Hersteller immer mehr zum Konkurrenten seiner eigenen Händler).
Kann man online bekämpfen?
Ob wir Aktionen wie „Lass den Klick in Deiner Stadt“ machen oder nicht: Das verzögert vielleicht das Online-Wachstum, aber es hält ihn nicht auf.
Wenn ich die nächste Generation anschaue, für die ist es normal, alles online zu kaufen und die Abwägung lautet: „Laufe ich jetzt noch zum Supermarkt und kaufe mir da meine Suppe, oder lasse ich sie mir von Amazon schicken und ich habe sie erst morgen“.
Das macht es für mich als Stadtrat schwierig, die richtigen Rahmenbedingungen für die Innenstadt zu schaffen: Wir versuchen alles, eine gute Infrastruktur für Händler zu schaffen, die Basis für eine lebenswerte Innenstadt sind. Aber wenn man sich das große Ganze anschaut, wird der stationäre Handel sowohl vom Internet als auch von den „hippen Marken“ (jetzt gibt es schon einen TK Maxx in Schweinfurt) angeknabbert und wird Jahr für Jahr Handels-Umsatz verlieren.
Verschiebung zu Service und Dienstleitung
Ich denke, die Zukunft werden Mischformen sein und wir müssen das langfristig bei der Stadtentwicklung berücksichtigen (Stichwort Verkehrskonzept, Stichwort Spitalstraße, Stichwort Marktplatzgestaltung). „Schönes und Süßes„ ist so ein Beispiel: Es sind keine Produkte der Grundversorgung, sondern der Freizeitcharakter und Aufenthaltsqualität steht mehr im Vordergrund und die damit verbundenen geringeren Umsätze werden versucht durch „Außenrum“-Sachen zu kompensieren, dass es den Kaffee eben nicht wie im Modehaus umsonst gibt sondern Kaffee & Kuchen ein finanzielles Standbein des Geschäftes ist.
Denn reiner stationärer Handel wird ohne mitverkaufte Dienstleistungen oder ohne Refinanzierung der Aufenthaltsqualität wird immer schwieriger. Z.B. in meiner IT-Branche haben wir früher Computer verkauft (mein Vorgängergeschäft vor 2000 hieß „Arnulf Koch Computer“ und die Dienstleistung war damals kostenloser Service (Installation, Inbetriebnahme). Schon früh haben die Discounter das Geschäft abgegraben. Nicht nur bei B2C mit Aldi und Mediamarkt, auch im B2B-Geschäft hat z.B. Dell seit 1998 angefangen, den Handel zu umgehen.
Ich finde interessant, dass die Antragsgegner den Blick in die Zukunft nur für sich in Anspruch nehmen und ihn der Gegenseite absprechen.
Ob Ihr es glaubt oder nicht: Bei meiner Abstimmung hatte ich nur die Zukunft im Blick.
In meiner Ausführung unter http://blog.arnulf-koch.de/zukunft-der-bahnstrecke-in-gerolzhofen/ hatte ich in der Einleitung geschrieben: “auch beim Verkehr mit der Zeit gehen? Also Elektromobilität, Car-Sharing, Neue Mobilitätskonzepte als Mix aus selbstfahrenden Autos und moderner Vermittlung á la Uber.”
Offenbar ist da noch nicht jeder gedanklich dabei, daher hier ein paar Ausführungen dazu:
Wenn ich schaue, wie viel Geld unsere K&K-Software-Kunden schon mit der Entwicklung von Elektroautos verdienen, die dann in einigen Jahren auf den Markt kommen. Wenn ich schaue, dass mein kleines Gerolzhöfer Softwareunternehmen Geld mit Dienstleistungen rund um die Entwicklung von Elektromobilität verdient (als Dienstleister für Firmen,die Elektroantriebsstränge entwickeln), wenn man sich anschaut, dass ein Tesla mal eben per Softwareupdate autonomes Fahren bekommen hat und YouTube mit Videos geflutet wird, wie das Auto selbstständig aus der Garage rausfährt oder Fahrer auf der Autobahn mal eben auf den Rücksitz klettern um zu zeigen, dass das Auto wirklich autonom fährt (was bei dem aktuellen Reifegrad eher lebensmüde ist und ich glaube wieder mit einem Softwareupdate kassiert wurde).
Dann frage ich mich schon: Bekommen andere diese Entwicklung nicht mit? Haben andere im Ausland noch nie Uber ausprobiert? Erkennen andere die kommenden Umwälzungen und Geschäftsmodelle dahinter nicht?
Anbieter von ÖPNV sehen da viel mehr. Z.B. die Studie vom „Verband Deutscher Verkehrsunternehmen“ beschreibt wie diese Geschäftsmodelle Teile des ÖPNV obsolet machen werden: https://www.vdv.de/position-autonome-fahrzeuge.pdfx
„Existenzbedrohung für den ÖV, denn das autonome Fahrzeug macht das Autofahren wesentlich attraktiver“
„Teil des ÖV, denn das autonome Fahrzeug kann als Teil einer Flotte von Roboter-MinibusTaxis eine historische Chance sein: Eine ideale Ergänzung zu einem Hochleistungs-ÖPNV. Ein perfektes CarSharing-Auto, das auf Zuruf zum Fahrgast kommt und ihn am Ziel absetzt. Oder ein Mini-Bus, mit dem auch schwach ausgelastete Buslinien fahrerlos im dichten Takt bedient werden können.“
Ich habe mich mit allen Argumenten der Bahnbefürworter auseinander gesetzt, aber eben auch außerhalb deren Filterblase recherchiert. Ich habe das Gefühl, das fehlt der anderen Seite, wenn sie kein Verständnis für meine Argumente aufbringen kann.
Ich muss mir von Bahnfreunden vorwerfen lassen, dass mein „Blick auf die Zukunft fehlt“ (MainPost-Kommentar), „fehlte Sachkenntnis“ (Geo-net Newsletter), „nicht gerade zum Wohl der Stadt“ (Facebook), „absolute Ahnungslosigkeit“ (Blogkommentator).
Glaubt Ihr, ich nehme meine Stadtratsarbeit nicht ernst? Glaubt Ihr, ich beschäftige mich nicht mit Zukunftstechnologien und den Auswirkungen auf die Gesellschaft? Meine Branche entwickelt die Zukunft.
Ich liebe den Spruch „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“.
Man kann es unterschiedlich einschätzen und ich akzeptiere voll, dass einige die Technologie des 19. Jahrhunderts als Zukunft sehen. Bei der Mode ist alle 20 Jahre das gleiche modern, kann ja auch beim ÖPNV so sein.
Ich persönlich glaube, dass die aktuelle digitale Revolution als nächstes den Markt der Mobilität umkrempeln wird: Elektromobilität á la Tesla plus autonomes Fahren á la Google/Tesla/Audi plus intelligente Vernetzung á la Uber/Google/Apple/Microsoft werden wir in weniger als 20 Jahren erleben und nutzen.
Denn die Unternehmen können es. Die haben mehr Cash, als alle deutschen Automobilhersteller Börsenwert zusammen. Apple hat 216 Mrd. USD Cashreservern (192 Mrd. €), Google hat 73 Mrd. USD Cash. Der VW-Konzern hat einen Wert 61 Mrd €, Daimler 58 Mrd € und BMW 43 Mrd. €. Alleine Apple könnte alle deutschen Autohersteller aus der Portokasse kaufen und würde es nicht mal merken, da sie danach immer noch 30 Mrd. € Cash rumliegen hätten.
Warum ist die Taxiruf-App Uber (u.a. ein Großinvestor: Microsoft) mit 51 Mrd. USD höher bewertet als der BMW-Konzern (und höher als alle Eisenbahngesellschaften)? Sobald die funktionierende selbstfahrenden Autos haben, funktioniert die komplette Mobilität rund um die Uhr vollautomatisch.
Das ist meine Vision.
Oder wie es der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen formuliert: “Deshalb gilt es, der Politik und insbesondere den kommunalen Eigentümern, einerseits die verkehrspolitischen Folgen (noch mehr Autoverkehr) und andererseits die existentiellen Risiken zu vermitteln, die darin bestehen, wenn das öffentliche Verkehrsunternehmen nur noch auf Restverkehre verwiesen wird.”
Die Profis gehen also davon, dass der ÖPNV nur noch Restverkehre abwickeln wird. Und je weniger geballt die Räume sind, desto besser kann autonomes Fahren seine Folgen ausspielen.
Die Folgerung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen ist auch richtig: diese Anbieter müssen versuchen, dass sie dann die Flotte der selbstfahrenden Elektroautos betreiben und nicht die Konzerne aus dem Silicon Valley.
Das müssen wir unterstützen (Deutsche Hersteller und deutsche Betreiber von autonomen Elektro-Flotten) und nicht die Augen verschließen und uns eine unflexible Bahn zurückwünschen.
Auch ein interessante Gedanke: Alle Google-Dienste werden ja kostenlos angeboten, da sie über Werbung refinanziert werden. Google verdient über Werbung viel mehr Geld als über Nutzungsgebühren. Google kauft ja ein kommerzielles Produkt nach dem anderen auf (auch für Milliarden) und stellt es dann kostenlos zur Verfügung, um zusätzliche Werbefläche zu haben.
Dazu dieser Artikel, der das als Motivation für Googles Einstieg in selbstfahrende Autos sieht: „Autonome Autos: Wie Google, Uber, Tesla & Co die Werbeindustrie verändern“ http://www.it-times.de/news/autonome-autos-wie-google-uber-tesla-co-die-werbeindustrie-verandern-117770/
Gunter Dueck kann man immer gut zuhören.
Eine Passage (ab Minute 59 in dem Video von der diesjährigen re:publica) hat mich aber nachdenklich gemacht, nachdem wir in Gerolzhofen ja über ein Gründerzentrum nachdenken und ich das eigentlich für sehr positiv halte.
In einem etwas anderen Kontext sagt Gunter Dueck eher nebenbei über Gründerzentren:
<Man muss nur begeistert sein.
Man muss nur innovativ sein.
Man muss nur mal eine Stunde nachdenken und ist Milliardär.
Man muss nur hier in Berlin so ein Klotz hinsetzen, so ne alte Fabrik und sagen, das ist jetzt das Gründerzentrum, und dann wird das schon so wie bei Google auch.
Und dann sind die alle Milliardär.
Und dann sagen die anderen Städte auch, das müssten wir auch haben: „Berlin hat so ein Gründerzentrum“.
Dann machen sie überall so ein Gründerzentrum.
So viele Gründer haben wir ja gar nicht!
Dann fängt jetzt Augsburg und München und Heidelberg, alle machen ein Gründerzentrum, überall.
Und dann stehen die leer!
Und dann sagen sie: „Ja, was machen wir jetzt?“
Dann zwingen wir welche, so: „Wir haben gehört, das abgebrochene Bachelors besser sind“. Jetzt haben wir ja eine Statistik gemacht, weil der Zuckerberg und so, die haben ja ihr Studium abgebrochen und der Steve Jobs, Bill Gates, und dann suchen wir welche, die das Studium hassen, die werden wahrscheinlich gut für Milliardär sein und dann werden irgendwelche Statistiken ausgegraben und irgendwelcher Unsinn gemacht.
Und ich wollte einfach nur sagen: Das ist nicht so, es ist hart.
Wir müssen uns endlich mal mit dem Problem auseinander setzen und nicht immer drüber schwallen.>
Die SPD hat mit dem Antrag, die Bahnstrecke entwidmen zu lassen, ein grundsätzliches Thema eröffnet, das wieder (nach Fachmarktzentrum und Kälberstall) sehr emotional diskutiert wird.
Vielleicht ein Tick zu emotional. Daher möchte ich wieder wie beim Artikel zum Fachmarktzentrum Argumente pro und contra Bahnstrecke sammeln, um eine möglichst gut fachlich fundierte Abstimmung vornehmen zu können.
Erste Bemerkung vorab:
Ich akzeptiere, dass die Bahn-Befürworter viele sachlich gut nachvollziehbare Argumente pro Bahn sammeln. Ich würde mich freuen, wenn die Bahn-Befürworter das gleiche von mir akzeptieren würden, dass auch meine Kontra-Argumente stichhaltig sind und auch wir – dem Thema Bahn unvoreingenommen gegenüberstehenden – Stadträte uns intensiv Gedanken machen und die vielen guten Pro- und Kontra-Argumente intensiv abwägen. Niemand entscheidet aus dem Bauch heraus oder von oben gelenkt oder sonst wie irrational. Gäbe es nur Pro-Argumente wie bei einem Wohn-Bauantrag, der sich an alle Vorgaben des Bebauungsplans hält, würde es auch einstimmig entschieden werden.
Zweite Bemerkung vorab:
Ich fahre in großen Städten (zuletzt in Frankfurt, München, Hamburg, London) gerne im öffentlichen Schienen-Nahverkehr. Wenn ein dichtes Netz und ein enge Taktung gegeben ist, gibt es nichts besseres. In London fährt die Tube in Stoßzeiten im 90-Sekunden Takt. Man hat gerade die U-Bahn verpasst? Na gut, nimmt man halt die nächste in anderthalb Minuten.
Dritte Bemerkung vorab:
Man darf die Diskussion nicht vermischen: Hätten wir einen funktionierenden Schienennahverkehr, niemand würde ihn reduzieren wollen. Auch will ich nicht die Bahn in Frage stellen. Primär geht es um den Status Quo in Gerolzhofen: Eine verwilderte Strecke mitten durch die Stadt, mit gigantischem Investitionsstau, neben unseren neuem Baugebiet und ein Fremdkörper in der Stadt. Infrastrukturgebäude (Bahnhof, Lagerhalle) sind verkauft oder werden gerade abgerissen. Das ist unsere Ausgangslage: Kämpft man für die Wiederbelebung der Bahn unter diesen schwierigen Voraussetzungen oder kann man das Quartier zukunftsfähig entwickeln und auch beim Verkehr mit der Zeit gehen? Also Elektromobilität, Car-Sharing, Neue Mobilitätskonzepte als Mix aus selbstfahrenden Autos und moderner Vermittlung á la Uber.
Welche Aspekte gibt es bei der Thematik?
Bitte sendet mir weitere Pro- und Kontra-Argumente per E-Mail an koch@kk-software.de oder unten in die Kommentare, dann ergänze ich den Artikel.
1. Mobilität: Von A nach B kommen
Pro: Man kommt mit der Bahn schneller von A nach B als mit dem Bus.
Contra: Aber wirklich nur von A nach B. Da C, D, E, F, G, H und fast alle anderen Ortschaften im Altlandkreis Gerolzhofen (für die wir nach wie vor das wirtschaftliche, schulische und kulturelle Mittelzentrum sind) nicht an die Schiene angebunden sind.
Contra: Volkach ist mit einer intakten Schiene an Würzburg angebunden.
Sehr viele Volkacher arbeiten in Würzburg (Volkach hat Auspendler, Gerolzhofen Einpendler), Volkach ist 20% größer als Gerolzhofen, es gibt mit der ehrenamtlichen Mainschleifenbahn eine starke Schienenlobby. Wenn das Geld zum Betrieb von Regionalbahnen angeblich bereitsteht, warum gibt bei den guten Volkacher Voraussetzungen es keinen Schienennahverkehr in Volkach?
Welche Voraussetzungen sollen in Gerolzhofen besser sein mit weniger Pendlern, weniger Einwohnern, weniger vorhandener Schieneninfrastruktur, dass Geld zuerst nach Gerolzhofen fließt und nicht zu anderen Städten?
2. Entlastung der Straßen
Pro: Jeder Zug entlastet die Straßen. Ein Personenzug vielleicht um 1-2 Busse, ein Güterzug vielleicht um 1-10 LKW
Contra: Die Straßen werden nachweislich genutzt.
Die Schiene wird nachweislich nicht genutzt.
Die Schiene wurde nachweislich nicht genutzt, auch als es noch technisch möglich war.
In welches System soll man investieren und ausbauen? In ein aktiv genutztes oder ein ungenutztes System?
3. Umweltverträglichkeit
Differenziert: Ist ein Zug wirklich effizienter als ein Bus? Busse (ca. 12 Tonnen Leergewicht) können problemlos in verschiedenen Größen je nach Bedarf vorgehalten werden. Vom 50-Sitzer mit rund 40 Liter Verbrauch auf 100 km über mittelgroße Busse mit 30 Liter Verbrauch bis hin zu Sprintern mit 10 Liter Verbrauch oder Linientaxis mit 6 Liter Verbrauch.
Ein Zug muss immer 63 Tonnen Leergewicht bewegen (>5x Bus) und verbraucht so mind. 70 Liter Diesel pro 100 km. Erst ab ca. 80 Fahrgästen ist ein Nahverkehrszug umweltfreundlicher als ein Bus. Ein Zug mit nur 8 Fahrgästen ist eine umwelttechnische Katastrophe.
Ich denke, mann kann folgern:
Eine voller Personenzug ist effizienter als ein voller Bus
Ein halbvoller Personenzug ist ineffizienter als ein halbvoller Bus
Contra: Gerolzhofen-Schweinfurt wird erst mal lange Zeit eine Stichstrecke bleiben. Zu den Randzeiten von Schulen und Betrieben könnte eine Auslastung in eine Richtung gegeben sein, dazwischen wird viel Stahl mit wenig Nutzlast bewegt.
4. Entwicklung von Gerolzhofen
Pro: Ein Bahnanschluss macht Gerolzhofen attraktiver. Eine Einbindung in das Bayerticket würde insbesondere Freizeitreisen von und nach Gerolzhofen vereinfachen.
Contra: Die Bahnlinie zerschneidet Gerolzhofen im Westen wie die B286 es im Osten tut. Wären beide Strecken jeweils 1-2 km weiter außen, hätte Gerolzhofen erheblich mehr Entwicklungspotential. Das Bahngründstück hat innerhalb der Gerolzhöfer Bebauung zwischen Weißer Marter und dem neuen Nützelbachbaugebiet ca. 43.000 m² Fläche. Wir könnten Gerolzhofen wieder in der Mitte mit Neubaugebieten weiterentwickeln und müssten es nicht an den Stadträndern tun (Flächenverbrauch und Flächenversiegelung, hohe Erschließungskosten, schwierige Verkehrsanbindung, Konflikte mit Anwohnern, die an der aktuellen Randlage eine unverbaute Sicht haben). Eine Entwicklung des Bahngeländes mit Wohnbebauung – gerade mit dem dann neuen Edeka- und Nettomarkt nebenan – wäre die perfekte Lösung für die Entwicklung Gerolzhofens der nächsten 15 Jahre.
5. Nutzen für Gerolzhofen
Contra: Güterverkehr
Im ersten Schritt soll nur ein Nutzer in Kitzingen von der Strecke profitieren. Kitzingen ist am Fernbahnnetz angeschlossen und hatte mal eine Eisenbahnbrücke über den Main. Die Stadt Kitzingen sollte das Kitzinger Gewerbegebiet an die Kitzinger Bahnlinie anschließen. Eine kleine Eisenbahnbrücke parallel zur Nordtangente reicht. Warum muss sich Gerolzhofen Gedanken drüber machen, wie die Verkehrserschließung von Kitzinger Gewerbegebieten erfolgt? Und warum sollen die Güterzüger 1600 Meter durch Gerolzhöfer Wohngebiete fahren, wenn den Kitzingern exakt 780 Meter zwischen den beiden Bahnstrecken fehlen und die Streckenführung dort durch Industriegebiete führt.
Contra: Belästigungen durch Bahnfahrten
Alt-Gerolzhöfer, die an der Bahnschiene wohnten, erzählen von erheblichen Erschütterungen, wenn die Züge vorbeiführen. Als Gerolzhöfer Stadtrat sehe ich bei der Eröffnung der Strecke für Güterverkehr keinen Vorteil für die Gerolzhöfer Bürger.
Pro: Personenverkehr
Der zweite Schritt soll Personennahverkehr zwischen Gerolzhofen und Schweinfurt sein. Unbestritten gibt es diesen Bedarf und mit einer aktiven Personen-Bahnverbindung Gerolzhofen-Schweinfurt wäre Gerolzhofen attraktiver als ohne eine Bahnverbindung. Ein Kappen der Verbindung am alten Bahnhof würde die Belastung in Grenzen halten, nur die stark befahrende Frankenwinheimer Straße – deren Verkehr mit der Eröffnung der Supermärkte weiter zunehmen wird – würde von einer Schrankenanlage unangemessen stark eingeschränkt werden.
Differenziert: Personenverkehr
Aber noch viel mehr Pendler gibt es zwischen Volkach und Würzburg. Warum gibt es da keine Regionalbahn? Die Strecke Gerolzhofen-Schweinfurt war lange betriebsbereit? Warum gab es da keine Regionalbahn? Welche Rahmenbedingungen haben sich in der Zwischenzeit verändert, dass jetzt das Geld sprudeln sollte?
Contra: Bus- und Transportunternehmen in Gerolzhofen
Wir haben in Gerolzhofen erfolgreiche Bus und Transportunternehmen, die überregional bedeutsame Größe haben, in Gerolzhofen Arbeitsplätze schaffen und in Gerolzhofen Gewerbesteuer zahlen. Auf der anderen Seite stehen Interessen von Konzernen und Investoren, die keinen Bezug zu Gerolzhofen haben. Ein Fokus meiner Arbeit liegt in der Stärkung der Gerolzhöfer Finanzen und ganz besonders in der Stärkung der Gerolzhöfer Unternehmen. Wäre Schaeffler mit ihrem Logistik-Zentrum nach Gerolzhofen gekommen und so zu einem Gerolzhöfer Unternehmen geworden, würde ich für deren Gleisanschluss kämpfen. Jetzt sollen ihn die Kitzinger bauen, wie gesagt, sie haben nur 780 Meter Lücke.
Differenziert: Richtung des Transportbedarfs
Gerolzhofen hat ein positives Pendlersaldo von über 500 Menschen. Wir brauchen also einen guten Nahverkehr. Eine Umfrage in meinem und anderen Unternehmen hat aber gezeigt, dass viele Gerolzhöfer Arbeitnehmen neben Gerolzhofen aus dem Altlandkreis und dem Steigerwald kommen. Hier leistet eine Bahnanbindung keinerlei Vorteile. In meinem Betrieb beispielsweise kommen 40% der Arbeitnehmer aus Gerolzhofen, 7% aus Schweinfurt (die vom Bahnanschluss profitieren würden) und 53% aus Gemeinden ohne Bahnanschluss. Hauptziel der Stadtentwicklung muss es sein, Einpendler zu Bürgern zu machen.
6. Idee Haltestelle Dreimühlenstraße
Differenziert: Schüler, die nach Gerolzhofen kommen
Nur Schüler aus Alitzheim und Sulzheim der 5. – 10. Klassen kommen nach Gerolzhofen. Ab Grettstadt orientieren sie sich wenn möglich nach Schweinfurt. Nur wenn die Schulen in SW keine weiteren Schüler aufnehmen, kommen auch Schüler aus Grettstadt oder Gochsheim nach Gerolzhofen. Mit geburtenschwachen Jahrgängen sind kaum noch Schüler aus dieser Richtung zu erwarten.
Und dann bleibt wieder das Problem „von A nach B“: Die Schüler im Gymnasium kommen von Wustviel, Geusfeld, Michelau, Dingolshausen, Donnerdorf, Oberschwarzach etc. – alle NICHT an der Schiene.
Mittelschule ähnlich, zum Beispiel: Großgemeinde Kolitzheim
Contra: Schüler, die nach Schweinfurt fahren
Aktuell kann ein Schüler aus Gerolzhofen in den Bus einsteigen und zum Beispiel am Beruflichen Schulzentrum in SW aussteigen. Künftig würde er am Hauptbahnhof in SW umsteigen? Das ist kein Zeitgewinn und man braucht trotzdem für Teilstrecken einen Bus.
Differenziert: Angestellte, die nach Gerolzhofen pendeln
Nur Angestellteaus dem Gewerbegebiet Alitzheimer Straße könnten von einer Haltestelle an der Dreimühlenstraße profitieren. Die anderen sind fußläufig zu weit entfernt. Haben die großen Betriebe (St. Gobain, Döpfner, Ludwar, Hiestand) jeweils die gleichen Schichtanfangszeiten?
Differenziert: Angestellte, die in Richtung Schweinfurt pendeln
Die Angestellten nutzen doch jetzt auch nicht den Personennahverkehr mit Bussen, obwohl Busse eine engere Taktung fahren (bei der Bahn ist stündlich im Gespräch, der Bus fährt früh zwischen 5:40 Uhr und 8:40 Uhr bis zu 9x ab Gerolzhofen ab, bei der Bahn wäre das maximal 4x in dem Zeitraum) und flexible Haltestellen in der Stadt anfahren. Was sollte einen Angestellten dazu bewegen den Zug zu nehmen, wo er sich zeitlich und örtlich sogar mehr einschränkt als mit dem Bus?
7. Vergleich mit Alternativen
Differenziert: Mobilität und ÖPNV ist essenziell für den ländlichen Raum. Die Bahn ist nur ein Bestandteil eines Mobilitäts- und ÖPNV-Konzeptes. Ein Bus ist ähnlich effizient, benötigt keine exklusive Infrastruktur und kann viel flexibler angepasst und eingesetzt werden. Bis hin zu einer effizienten Beförderung von weniger als 5 Fahrgästen (siehe das Landkreis-Konzept Linientaxi).
Differenziert: In jedem Fall sollte der Busfahrplan ausgebaut werden:
Engere Taktung
Mehr Express-Verbindungen Gerolzhofen Busbahnhof <–> Schweinfurt Busbahnhof ohne Zwischenhalt
Keine unterschiedlichen Fahrpläne zwischen Schulzeit und Schulferien.
Pro: Zugfahren ist bequemer
Es gibt weniger Zwischenstopps, weniger Beschleunigungen und Abbremsungen.
Vermutlich dürfte Zugfahren auch sicherer als Busfahren sein. ABER: Zufahren auf eingleisigen Strecken ist erheblich unsicherer als auf zweigleisigen Strecken. Die meisten Zugunglücke geschehen auf eingleisigen Strecken.
8. Finanzierung
Contra: Die alte Bahnverbindung wurde wegen fehlender Subventionen eingestellt. Eine Finanzierung war nicht darstellbar.
Die Stecke war bis vor einigen Jahren generell befahrbar. Wenn es seit einigen Jahren angeblich keine Finanzierungsprobleme mehr geben sollte, warum wird sie dann nicht genutzt? Niemand würde einen Service Gerolzhofen-Schweinfurt einstellen wollen!
9. Kritische Hinterfragung von Pro-Argumenten
Differenziert: Es werden am Tag vielleicht 2 Güterzüge fahren, wofür die Aufregung?
Gegenfrage: Wofür dann den Aufwand? Für 2 Güterzüge sollen Millionen in eine Infrastruktur investieren, die bei Inversition in Straßen (z.B. Ausbau B286) rund 50.000 Anwohnern täglich nützt? Ist das wirklich verhältnismäßig?
Differenziert: Die LKWs fahren dann nicht auf der Schnellstraße an Geo vorbei.
Der einzige Nutzer der Bahnschiene soll das Schaeffler Logistikzentrum sein. Das Schaeffler Hauptwerk steht in Herzogenaurach. Dass das Logistikzentrum nicht nach Schweinfurt gebaut wurde, zeigt ja, dass es auch für andere Produktionsstandorte Waren verteilen wird. Die LKWs von Herzogenaurach werden bestimmt nicht an Gerolzhofen vorbeifahren, wenn sie nach Kitzingen wollen. Mit den Zügen bekämen wir also Güterverkehr, der sonst nie bei Gerolzhofen vorbeigefahren wäre.
Differenziert: Bahnanschluss wird immer wichtiger
Natürlich wird es immer Unternehmen geben, die die Bahn benötigen. Aber die Beobachtung der meisten Unternehmen mit ehemaligen Bahnanschluss ist es doch, dass die Bahnschienen auf den Gelände zugeteert sind und die Logistik über LKWs erfolgt. Dies gilt insbesondere, da Deutschland inzwischen kaum noch echte Massenproduktion hat, sondern dank technischem Fortschritt “Losgröße 1” hocheffizient machbar ist und spezialisierte Teile Just-in-Time liefert. Eine Werksbesichtigung im Audi-Werk war beeindruckend, denn hier war zu sehen, dass die Zulieferer Monate im Voraus die Bestellung bekommen, zu welcher Minute in 4 Monaten welche Teil-Konfiguration an welcher Stelle im Werk sein muss. Gab es früher z.B. einen Autositz, den man 100.000x mit einem Eisenbahnwagon ins Werk liefern konnte, gibt es bei der Fülle an Stoffen, Farben, Muster, elektrischer Verstellung, Heizung heute über 100.000 verschiedenen Sitzvarianten, die teilweise wirklich nur 1x produziert werden – und dann natürlich nicht mit einer Eisenbahn sondern Just-in-Time mit einem LKW transportiert werden. Jetzt kann man das Lager auf der Straße schlechtheißen, aber diese Flexibilität ist ein elementarer Bestandteil unserer, d.h. der deutschen Wettbewerbsfähigkeit, gerade gegenüber Ländern, in denen 1 € Stundenlohn eher teuer ist.
Ich erlebe in meiner persönlichen Erfahrung, dass ein Bahnanschluss immer häufiger zugeteert und somit unwichtiger wird.Wie sieht die Statistik aus? Wenn etwas immer wichtiger wird, wächst es. Internetbandbreite wächst exponentiell, Größe von SD-Speicherkarten wächst exponentiell. Der Schienengüterverkehr – naja, seht selbst:
Absurdes Argument: Kommunen mit Bahnanschluss schätzen ihn als sehr wichtig ein
Ja, stimmt. Hätten wir eine aktive Bahnverbindung, würde ich drum kämpfen. Wie es CSU-Stadträte vor mir bei der Schließung getan haben.
Was ist mit internationalen Verkehrsflughäfen? Oder Seehäfen? Oder Opern? Oder Fußball-Bundesligamannschaften? Eine Umfrage unter Städte mit ebendiesen Einrichtungen werden ebenfalls bestätigen, dass diese Einrichtungen wichtig sind für die Attraktivität der Stadt und der Stadt einen Standortvorteil bringen. Kommen demnächst Forderungen nach einem Verkehrsflughafen für Gerolzhofen (ich hätte nichts dagegen, ich wäre Nutzer vom ersten Tag an)? Oder eine Oper (wieder: ich hätte nichts dagegen, ich wäre Nutzer vom ersten Tag an)?
Natürlich bringt das alles Wettbewerbsvorteile, aber wenn ich nichts von dem habe und nur über begrenzte Ressourcen verfüge, die ich sinnvoll investieren muss, dann muss ich sie intelligent investieren. Mit dem größten Nutzen für die Gemeinschaft.
10. Andere Aspekte
Eigentum an der Bahnlinie
Es muss sichergestellt sein, dass nach einer Entwidmung (sei es jetzt, in 10 Jahren oder nie), die Stadt wieder – wie vor der Bereitstellung der Fläche für die Bahn – in jedem Fall das Eigentum an den Flächen enthält.
Folgendes fiktive Szenario darf nicht eintreten: Jemand kauft die Strecke, im jetzigen Zustand für 1 Mio €, hält sie ein paar Jahre bereit, doch am Ende ergibt es sich nicht, dass sie betrieben werden kann. Sie wird entwidmet und auf einmal gehören jemanden 43.000 m² Fläche á 105 €/m² = 4,5 Mio € zentralste Gerolzhöfer Lage.
In den anderen Orten entlang der Strecke wird es ähnlich aussehen. Der Bodenwert für Wohnbebauung dürfe insgesamt einen deutlichen zweistelligen Millionenwert haben.