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Diesel und Elektromobilität

Die Unsicherheit bei mir als Autokäufer ist groß.
Stuttgart will Dieselautos verbieten, ich habe Kunden in Stuttgart und fahre ein Dieselauto, das in Kürze ersetzt werden soll, also was soll ich kaufen?

Ich bin ernsthaft verunsichert und überlege, trotz hoher Fahrleistung, meinen Diesel durch einen Benziner (oder Elektroauto) zu ersetzen. Aber ist das zum heutigen Zeitpunkt wirklich sinnvoll?

Wo liegt die automobile Zukunft?

  1. Diesel
  2. Benziner
  3. Hybrid
  4. Elektro
  5. Wasserstoff
  6. Erdgas

Hierzu muss man die gegenläufigen Ziele beachten:

  1. CO2-Reduktion (dazu hat sich Deutschland im Vertrag von Paris verpflichtet)
  2. Stickoxid-Reduktion
  3. Feinstaub-Reduktion
  4. Mobilitäts-Aufrechterhaltung, auch für Pendler und im ländlichen Raum

Nehmen wir die Verbrenner, dann stellt man fest, dass bei effizienterer Verbrennung (weniger Kraftstoff = weniger CO2) immer höhere Temperaturen auftreten, die beiden Hauptbestandteile unserer Luft, nämlich Stickstoff und Sauerstoff zu giftigen Stickoxiden umwandeln und je effizienter die Verbrennung wird, desto besser Verbrennt der Kraftstoff und die Restteilchen werden immer kleiner und feiner (“Feinstaub”), dass sie immer schwerer von Filtern aus den Abgasen rausgefiltert werden können.

Die Stickoxid-Problematik betrifft grundsätzlich jede effiziente Verbrennung (Diesel, Benzin, Erdgas, Wasserstoff), am meisten wohl Diesel und Wasserstoff, aber eben auch die modernen Benzin- und Erdgas-Motoren und wenn die Grenzwerte weiter steigen sollten, wird es hier auch Probleme geben.

Feinstaub betrifft v.a. die Kohlenwasserstoffe, die unter hohem Druck in den Verbrennungsraum eingespritzt werden, also Diesel, Benzin und Erdgas, aber nicht Wasserstoff.

Wasserstoff hat aber einen physikalischen Nachteil: Das Wasserstoff-Atom ist das kleinste Element überhaupt und das H2-Wasserstoff-Molekül ist das kleinste Molekül. Es ist um Dimensionen kleiner als z.B. Eisen-Atome oder Kohlenstoff-Atome und kann durch die Gitter- oder Ketten-Strukturen von entsprechenden anderen Stoffverbünden durchdiffundieren. Sprich: Es gibt keine Tanks, in denen man Wasserstoff verlustfrei speichern kann. Man kann hier Tankwände aus Molekülen konstruieren, die sehr kompakt sind, aber es kommt immer ein Teil Wasserstoff durch. Und Wasserstoff bildet zusammen mit (dem Luft-) Sauerstoff das hochexplosive Gemisch “Knallgas”. Ein Wasserstoff-Auto mal eine Woche (z.B. im Urlaub) in der Garage stehen lassen, kann die Garage in eine Knallgasbombe verwandeln, die beim Einschalten eines Lichts oder wo sonst ein Funke entstehen kann, explodiert.
Im Freien ist das kein Problem, aber in (Groß-) Städten wird man um (Tief-) Garagen nicht herumkommen und viele wollen ihr teures Auto auch in einer Gerage stehen haben.
Der zweite physikalische Nachteil ist, dass aktuell Wasserstoff in großen Mengen aus Erdgas gewonnen wird und dabei sehr viel CO2 entsteht. Denn die Idealvorstellung der Elektrolyse (mein Windrad oder Solarfeld spaltet mir Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff, der Wirkungsgrad ist sekundär und ich kann so die Energie chemisch speichern) funktioniert im großen Maßstab nicht so gut, da sich bei der Elektrolyse die Kathoden auflösen. Hier ist noch viel Forschung notwendig, bis das im großindustriellen Maßstab zuverlässig funktioniert (zumal ja Wasserstoff nach wie vor hochexplosiv ist).

Also elektrisch.
Das wird mich Sicherheit die Zukunft werden, denn Mithilfe der Sonne (Sonnenenergie und der Kette Temperaturschwankungen führen zu Druckschwankungen führen zu Wind) und Mond (Gezeitenenergie) verfügen wir über quasi unerschöpfliche Energie, während die in Kohle und Erdgas gespeicherte Sonnenenergie früher oder später aufgebraucht sein wird.
Aber Jahreszahlen von 2025, 2030 oder 2040 sind in meinen Augen absolut utopisch, wenn wir unseren Lebensstil auch nur ansatzweise beibehalten wollen. Also nach wie vor den ländlichen Raum besiedeln wollen und nach wie vor in Wohlstand leben wollen. Alternativen kann man ja weltweit analysieren (Mega-Citys in Asien oder ländliche Räume ohne Mobilität in Afrika). Beides funktioniert, ist aber mit unserem kulturellen Hintergrund nicht unbedingt erstrebenswert.

Denn welche Probleme gibt es mit der Utopie des schnellen Wechsels in die Elektromobilität?

  1. Produktion der Energie
  2. Speicherung der Energie
  3. Übertragung der Energie

In den Pipelines kommen in Form von Erdöl und Erdgas gigantische Mengen Energie zu uns. Und die Produktion der Wind- und Solar-Energie ist leider nicht verlässlich, da der Wind ebenfalls von der Sonneneinstrahlung abhängig ist.
Hier sieht man den Tagesgang von Wind und Sonne. Nachts gibt es keine Sonne (OK, die Erkenntnis ist für viele banal), aber eben auch viel weniger Wind.

Bei den Nebel-Wetterlagen im Herbst und Winter hat man oft Tagelang keine Sonneneinstrahlung und keine Windbewegung. Also keine Energiegewinnung aus diesen beiden Hauptenergieträgern im regenerativen Bereich. Denn Bioenergie konkurriert mit der Lebensmittelproduktion (und die Mais-Monokulturen sind auf Dauer auch nicht für die Böden gut) und Wasserkraft ist schon ziemlich ausgereizt (der Main hat schon alle paar km ein Wasserkraftwerk).
Damit in einer windstillen Nacht (oder einem Nebel-Tag) nicht die Lampen ausgehen (und wir nicht auf französischen oder tschechischen Atomstrom setzen wollen), brauchen wir also auch sehr langfristig konventionelle Kraftwerkskapazität in quasi unveränderter Höhe. Es ist auch eine Illusion auf einen europäischen oder weltweiten Stromverbund zu setzen. Zum einen ist es unmoralisch, wenn wir unsere Nachhaltigkeit mit einer Mehrproduktion und somit Mehrverschmutzung im Ausland erkaufen und dann wird der Strom nur so lange billig bleiben, solange man nicht dauerhaft abhängig vom Ausland ist (Prinzip Angebot und Nachfrage).

Angenommen wir behalten unseren Lebensstil und die Besiedlung des ländlichen Raums bei: Dann wird es tagsüber Verkehr geben und nachts werden die Autos zuhause stehen und nachts wird das bevorzugte Zeitfenster sein, in dem die Autos aufgeladen werden. Nachts, also wenn keine Sonne scheint und nur ein Bruchteil des Windes von Tagsüber weht. Die Energie muss also zwei mal gespeichert werden: Von Tags bis Nachts im Stromnetz und dann vom Aufladen bis zum Verbrauchen in Autos.

Ich versuche es mal durchzurechnen (Werte in der Regel von Wikipedia):
Benzin hat einen Brennwert ca. 12,9 kWh/h
Die Li-Ion-Akkus in Fahrzeugen haben eine Energiedichte von ca. 0,1-0,2 kWh/kg.
Man findet leider kaum Daten, welche Tesla-Batterie wie viel wiegt. Für die ersten Teslas habe ich Werte von 600kg für die 60-kWh-Batterie gefunden, also ca. 0,1 kWh/kg, aber inzwischen sind die Batterien wohl etwas leichter (man findet Werte von +- 500kg) und leistungsstärker (90 kWh). Das wären dann knapp 0,2 kWh/kg, aber es ist mir unklar, ob das wirklich das Batterie-Gewicht-Paar ist.
Man fährt also immer sehr viel Gewicht rum, darum wiegt ein Elektroauto auch mehr als ein Verbrenner.
Die Produktion einer Lithium-Ionen-Batterie braucht ca. 150-200 kg CO2 pro kWh Batteriekapazität.
Eine 90kWh-Batterie verbraucht also 13-18 Tonnen CO2.
Das Verbrennen eines Liter Benzin ergibt 2,33 kg CO2. Bis die Batterie hergestellt ist, kann ich CO2-Neutral 5.500-7.700 Liter Benzin verbrauchen und habe immer noch eine bessere Umweltbilanz. Und auch nur, wenn der Strom im Elektroauto zu 100% aus regenerativen Energien erzeugt wurde und zur Energieerzeugung geladen wurde. Habe ich nachts geladen und noch mal im Keller einen Energiespeicher stehen, der mir die von den Solarpanels auf dem Dach erzeugte Energie speichert, musste ich 2x die Batterien herstellen, dann darf ich mit gutem Gewissen zwischen 11.000 und 15.400 Liter Benzin verbrauchen. Geht man von 20.000 km Jahresfahrleistung mit 5 l/100km Verbrauch aus, bedeutet das 1000 Liter Benzin pro Jahr. Also mal schnell 11-15 Jahre, bis die Produktions-Umweltbelastung egalisiert ist. Wenn es dumm läuft, sind die Akkus da “verbraucht” und müssen erneuert werden. Da sind die gleichen Akkus wie in Smartphones und Notebooks drinnen, mit einer besseren Ladeelektronik, aber am Smartphone und Notebook haben sie nach spätestens 5 Jahren höchstens noch die halbe Kapazität. Es könnte also sein, dass auch bei 100% regenerativem Strom (den wir aktuell in unserem Strommix noch lange nicht haben) ein Elektroauto aufgrund seiner Akkuproduktion niemals weniger CO2 verbrauchen wird als ein Verbrennungsmotor.

Wie viele Autos gibt es in Deutschland und wie viele km werden im Jahr gefahren?
Es gibt 62 Mio Fahrzeuge und es werden 725 Milliarden km in Deutschland gefahren (https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/bestand_node.html und https://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftverkehr/VerkehrKilometer/verkehr_in_kilometern_node.html)
62 Mio Fahrzeuge bedeutet 62 Mio x 500kg = 31 Mrd. kg Batterien bzw. ca. 3 Mrd. kWh Batterieleistung
Man benötigt pro kWh Batterie ca. 80-130g Lithium (https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium-Ionen-Akkumulator), für 61 Mio Fahrzeuge also 240-390.000 Tonnen Lithium. Die Weltproduktion von Lithium beträgt 32.500 Tonnen Lithium (https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium#Produktion_und_Reserven) und alleine für die Deutschen Fahrzeuge bräuchte man 10x so viel (wenn niemand anderes auf der Welt auf Elektroauto kaufen würde oder ein Smartphone oder ein Notebook oder einen Akkuschraubendreher usw.).
Es ist also klar: Bevor wir flächendeckend auf Elektromobilität umsteigen können, muss erst eine komplett neue Batterietechnologie zur Massenmarktreife geführt werden.

Langstrecke:
Ich habe Kunden in München, Stuttgart und anderen Großstädten und muss ab und zu nach München (hin und zurück knapp 600km) fahren. ÖPNV ist auf dem Land defacto nicht verfügbar.
Aktuell wäre das wohl nur mit Tesla-Schnellladesäulen machen. Natürlich darf man nicht schnell fahren, und man müsste wohl mind. 2x unterwegs am Quickcharger halten. Die Fahrtzeit=Arbeitszeit (hin und zurück) würde sich von 4-5 Stunden auf 6-8 Stunden erhöhen. In der Zeit kann nichts geleistet werden, es ist also ein volkswirtschaftlicher Schaden, wenn wir in Zukunft 50% mehr Zeit auf der Straße verbringen, der auf die Preise umgelegt werden muss und so alle Waren verteuert und weniger wettbewerbsfähig macht.

Zuhause laden:
Um mal eben 60+ kWh zu laden, braucht es einen Starkstormanschluss (oder 3 Tage aus der normalen Steckdose). Wenn in der Stunde xx kWh Energie bezogen werden, ist man schnell in einem Bereich von Industriekunden (Absicherung, Tarif) und wird nach der Peak-Leistung berechnet.
Und wenn ein ganzes Wohngebiet diese Leistung zieht, muss der Verkabelung auch diese Leistung bereitstellen können.
Hier muss vermutlich in die Infrastruktur investiert werden.
Was machen Personen ohne eigene Garage? Wann wollen diese Ihre Autos laden, wenn ich mir jeden Tag einen Parkplatz an der Straße suchen muss? Dann muss in Städten (auch schon in Kleinstädten) alle 6 Meter eine Ladestation installiert werden. Probleme, die einem dabei in den Sinn kommen: Platzbedarf, Installation, Finanzierung, Anmieten der Flächen, Enge Gehsteige.

Jetzt war Urlaubsanfang. Zwei Millionen Menschen fahren in den Süden. Die Tankstellen sind mit den 2-Minütigen Tankvorgängen überlastet. Wie soll es sein, wenn man jetzt 20-30 Minuten laden muss? Man braucht mind. 10-15x so viel Fläche auf den Tankstellen. Wird dieser Flächenverbrauch dann positiv gesehen?

Ja, wir werden früher oder später auf Elektromobilität umsteigen. Aber es müssen erst noch ein paar Innovationen stattfinden. Und ja, ohne, dass jetzt Enthusiasten umsteigen, werden diese Innovationen nicht in Gang gebracht. Aber eine politische Forderung, in 7, 13 oder 23 Jahren den kompletten Wechsel vollzogen zu haben, sind utopisch. Bzw. die Forderung von 23 Jahren kann man natürlich aufstellen. Selbst der am längsten amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl war “nur” 16 Jahre im Amt. Da tut eine politische Forderung, die erst in 23 Jahren aktiv werden soll niemand weh, da die Rücknahme dann in jedem Fall ein anderer zu verantworten haben wird und man kann sich solange populistisch profilieren.

Und solange wir realistisch keine Elektromobilität bekommen werden und wir unsere CO2-Klimaschutzziele (Pariser Abkommen) einhalten wollen, solange ist der Diesel-Motor unser bestes Pferd im Stall und wenn der Diesel jetzt zerredet wird, wird Deutschland seine Klimaschutzziele definitiv nicht einhalten können. Schon der Atomausstieg war in Sachen CO2 ein Rückschritt und wenn jetzt Dieselfahrzeuge durch Benziner ersetzt werden, wird Deutschland immer mehr CO2 emittieren. Also brauchen wir auf absehbare Zeit noch Dieselfahrzeuge und wenn jetzt jeder verunsichert ist, kann eine Diesel-Kaufprämie wie von Horst Seehofer vorgeschlagen durchaus helfen.

Und natürlich kann es auch schneller gehen. Im Moment dürften vermutlich tausende perfekt mit Risikokapital ausgestattete Startups und Universitäts-Ausgründungen unterwegs, eine Batterie mit höherer Leistungsdichte, nicht so seltenen Rohstoffen und weniger Energieverbrauch bei der Produktion zu entwickeln und wenn jemand Erfolg hat, kann es den Schalter zu Elektromobilität schlagartig umlegen. Aber mit der Lithium-Ionen-Technologie wird es in meinen Augen nicht passieren.

[Achtung: das ist aktuell der Entwurf des Artikels, nicht über noch nicht fertigrecherchierte xx im Artikel wundern.]